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Böhmischer Freischütz in märkischen Wäldern

Konzertorchester Eberswalde glänzt mit deutscher Nationaloper

Kotofeij K. Bajun
Chorin.
Neun Meilen, das sind etwa 70 km, vor Berlin liegt Eberswalde. Und nahebei ruht die einst mächtige Zisterzienserabtei von Chorin zwischen den lieblichen Hügeln und Seen des Eberswalder Urstromtals. Das ist weit genug von der Hauptstadt entfernt, um einen ungetrübten Kunstgenuss zu garantieren. Fernab von allen extravaganten und in ihrer Albernheit oft unerträglichen Bühnenexperimenten, mit denen sich hauptstädtische Regisseure, Intendanten, Bühnenausstatter und Mimen nur allzu oft innerhalb ihrer Zunft zu profilieren suchen, bietet der Choriner Opernsommer wohltuende Handwerkskunst von Format. Inmitten einer bezaubernden Landschaft, umrahmt von den pittoresken Mauern der Klosterruine: Carl-Maria von Webers „Freischütz“.

Das kleine aber feine Brandenburgische Konzertorchester Eberswalde spielte die Partitur der deutschen Nationaloper unter dem Dirigat Holger Schellas und dann – die Bühnenbesetzung: Auf der spartanischen, aber mit viel Liebe hergerichteten, Kulisse – der Chor der alten Abteikirche lässt nicht übermäßig viel Raum – gab sich ein achtzehnköpfiges Ensemble die Ehre. Und was für Stimmen waren darunter! Primus inter pares war zweifelsohne der baumlange Tobias Hagge, der als Bösewicht Kasper mit einem Bass brillierte, welcher einen Rebroff vergessen ließ! Zumindest, was die exakte Ausformulierung der tiefen Tonlagen betraf. Agathe und Ännchen – ein Traum … Mirjam Miesterfeldt und Antje Ligeti ließen schon durch ihren Anblick das Herz eines jeden Fauns drei Oktaven höher schlagen … Ihre Soprane tirilierten, zumal während des Duetts im ersten Auftritt des zweiten Aufzugs – das man schier meinte, die voces angelicae hätten wieder im alten Sakralgebäude Einzug gehalten.

Peter Furlong, der den Max mit seinem Tenor gab, entschuldigte sich im Vorfeld der Aufführung, seine Stimme aufgrund einer soeben überstandenen Krankheit nicht zur vollen Entfaltung bringen zu können. Das war nun völlig unnötig – denn diese Stimme entbehrte nichts. Überhaupt, Requisite, Regie, Dramaturgie – all das war ein Hohelied auf eine genauso von Librettist und Komponist gemeinte Solidität, bar jeden Schnickschnacks, jeder affektierten Überdrehung, jeder Anbiederung an einen ominösen Zeitgeist, kein verschwurbelten und illuziden Verrenkungen, die ohnehin seit jeher nur jene beglücken, die auch des Kaisers neue Kleider mit großem Ah und Oh begrüßen.

Der sechsminütige Applaus war wohlverdient. Für die wunderbare Aufführung des „Freischütz“ vor etwa 200 Zuschauern gebührt den Mitwirkenden an diesem Kunsterlebnis ein dreifach kräftiges „Chapeau!“

 
B
12. Volumen

© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2012

09.06.2015