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Die Ausgebufften
Skandal einmal anders

Jules-Francois S. Lemarcou
Depardieu war mal einer der ganz großen seines Fachs. Unbestritten. Man erinnere sich seiner fulminanten Rolle als Cyrano de Bergerac. Mehr ging nicht! Schaut man aber auf die Anfänge dieses Schaupielgenies, so gibt es da Ausrutscher, die so elendig sind, dass es einem übel wird.

Da zeigt der deutsch-französische Kulturkanal arte den Streifen "Die Ausgebufften" aus dem Jahre 1973. Wer immer diesen Film als Kult verkauft, der verkauft auch sein Publikum – und zwar für blöde.

Starbesetzung – das hat Regisseur Bertrand Blier hinbekommen; mit feinem Sinn und Händchen, für echte Talente, die damals noch – weil unbekannt – am Markt billig zu haben waren: Neben Gerard Depardieu und Patrick Dewaere schwenken eine unschuldig-doof-asexuelle-später-nymphomanische Miou-Miou, eine schon durch ihren Anblick becircende Brigitte Fossey und eine melancholische Jeanne Moreau ihre nackten Brüste über die Leinwand. Letztere rennt gerne auch völlig unbekleidet durch die Gegend. Ist ja nicht schlimm – wenn's bloß nicht so aufdringlich wäre. Dann wird auch noch Isabelle Huppert defloriert. Und so überschreitet nach anderthalb Stunden der Irrsinn die Grenze des Erträglichen.

Das ist keine Erotikkomödie! Das ist ein dauerpubertäres, schmieriges Roadmovie, dessen Protagonisten samt und sonders psychopathische, schwerkriminelle und triebgesteuerte Perverse sind. Nicht die Szenen sind skandalös. Das mögen sie mal gewesen sein. Der einzige Skandal besteht in der kaum mehr zu überbietenden, unpointierten Inhaltslosigkeit, der nichtssagenden Oberflächlichkeit, der marternden Langeweile. Das ganze ist ein grober Angriff auf die abendländische Kultur – der eigentlich das Aus für die Karriere eines jeden Mimen hätte sein müssen, der sich für diesen Film prostituierte. Paradoxerweise bewirkte er das Gegenteil, was als früher Beweis für die Affinität der Masse zur Gosse dienen mag, lange bevor das Format der Seifenoper erfunden wurde.

Handlung, Dramaturgie, Spannungsbogen – Fehlanzeige. Die einen behandeln andere wie Dreck, andere lassen sich behandeln wie Dreck – als Hintergrundmusik nervtötendes Gefiedel, Mord und Totschlag und schwerer Raub, man weiß nicht, was schlimmer ist. Wenn das komödiantisch sein soll ...

Aber was soll's. Haben nicht auch die „120 Tage von Sodom“ des Donatien-Alphonse-François, Marquis de Sade den Sprung in den Kanon der Weltliteratur geschafft? Armes Frankreich. Der Blaubart schwirrt der verwirrten Nation offenbar immer noch im Kopf herum.

Sind die pornographischen Szenen der Nachhall einer filmischen Revolution von einst? Wen lockt eine dauer- und notgeile Miou-Miou hinter dem Ofen hervor? Sollen irgendwo gesellschaftskritische Botschaften versteckt sein? Man wird sie lange und vergeblich suchen. Was man findet, sind die Darsteller von zwei hohlen Soziopathen, die noch hohlere Sprüche klopfen.

Das einzig Sehenswerte an diesem Schinken sind die Citroëns der Marken 15 CV TA und DS. Der Rest, der da beansprucht, die Rebellion der Jugend gegen das verspießerte Alter auszudrücken, der nicht hinterfragt, woher das alles stammt, was sich die miesen kleinen Gauner erpressen, deren allein im Film gezeigte justiziable Straftaten für mindestens dreimal lebenslänglich langen, ist fader Bockmist. Rebellion? Ja, da gab es mal einen, James Dean ... "Die Ausgebufften" aber, diese Unsäglichkeit auf Zelluloid, die jedem daran Beteiligten nur peinlich sein und die im Müllkasten des allgemeinen Vergessens verschwinden sollte, rebelliert nur gegen Eines: den guten Geschmack!

 
B
12. Volumen

© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2012

21.07.2015