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Dresden marschiert wieder voran


… und Herr Merz ist nicht willkommen


Michael L. Hübner. Havelsee. Das ist neu. Vorhersehbar aber war es. Ist denn schon jemals eine deutsche Generation explizit gegen einen Kanzler auf die Straße gegangen? Brüning, Papen, der teppichbeißende Postkartenmaler, Adenauer, Erhardt, sogar dem wirklich üblen Kiesinger blieb eine solche Ansage erspart.

Ja, zur Wendezeit haben die enttäuschten Ossis Kanzler Kohl mit Eiern beworfen. Aber das ist keines Vergleiches wert. Alles in allem war Kohl ein akzeptierter Staatsmann und anerkannt als der respektierte Regierungschef eines der mächtigsten Staaten der Welt. Man wusste, was man ihm zu verdanken hatte.

Willy der Große – na ja gut, nach seinem legendären und absolut ehrlichen Kniefall von Warschau und den Ostverträgen, als er, der komplett Unschuldige, sich entschuldigte und Realitäten Rechnung trug, da spuckten die Schuldigen Gift und Galle. Welcher verfluchte Mörder lässt schon gerne mit dem Finger auf sich zeigen!

Aber die fossilen Spinner und Weltkriegsverbrecher und ihre Transparente gegen Willy Brandt sagten nichts aus über eine strukturelle Krise der Gesellschaft. Sie zeigte nur, dass die Bundesrepublik zu diesem Zeitpunkt noch weit davon entfernt gewesen ist, über ihre finsteren Schatten zu springen.

In Dresden ist das nun grundlegend anders. Merz hat sich angesagt. In Dresden! Ist der Mann komplett geschichtsvergessen! Dresden, Leipzig – Sachsen! Himmelherrgott – das ist doch erst 36 Jahre her. Da war Merz blühende 35 Jahre alt, in seinen besten Jahren und ein guter Rechtsanwalt. Der war nicht doof, nicht auf den Kopf gefallen. In diesem Jahr wurde er sogar er ins Europäische Parlament abgeordnet. Das schließt eine völlige geistige Umnachtung oder ein Wachkoma aus.

Er muss also mitbekommen haben, dass gerade dort, wo sich die DDR-Oberen am sichersten wähnten – sie vertrauten prinzipiell nur den Sachsen – der Funke der Empörung ausbrach.

Mecklenburg geht immer fünfzig Jahre später unter, Brandenburg verharrte in Bräsigkeit, Thüringen war am Ballonbasteln, um in den Westen abzuhauen, nur Sachsen wurde quirlig und begann das Rebellieren.

Und da wagt sich Merzen hin? Nach Pegida-Land? Mutig der Mann. Oder gar tollkühn? Oder übermütig wie der Seiltänzer ohne Netz und doppelten Boden?

Wie dem auch sei. Die Sachsen gehen gegen ihn auf die Straße. Nicht mal ausschließlich in Antipathie zur mehrköpfigen Regierungsmannschaft – nein, gegen ihn persönlich. Sie wollen ihn nicht in Dresden.

Das ist der Anfang vom Ende. Merz spielt keine Geige mehr. Seine an Peinlichkeit nicht mehr zu überbietende internationale Deklassierung in Ägypten hat ihm den Rest gegeben. Die Reputation ist zum Teufel! In Deutschland wird er schon nach wenigen Wochen außenpolitisch als abgehalftert und ausgedient und im Lande selbst nur noch als der hilflose Juniorpartner von mittlerweile abgewählten Marginal-Parteichens begriffen, die selbst ums Überleben ringen. Von diesen untoten Phantomen lässt er sich aus Angst vor den Blauen erpressen und wie ein blinder Tanzbär durch die Arena führen.

Kennen Sie das Klischee der amerikanischen Trickfilme? Der große, tumbe, dröge Dicke, der weniger mit intellektueller Agilität in Verbindung gebracht wird und als das muskelbepackte Faktotum des kleinen, ebenso minderwertigkeitskomplexbehafteten wie größenwahnsinnigen, geifernden aber mäßig intelligenteren Gnomen fungiert … Irgendwie drängt sich dieses Kopfkino auf.

Hundewelpen, Hundewelpen, Hundewelpen ... Man wird es nicht los. Aber diese bescheuerten Filme kann man einfach abschalten. Kanal wechseln, Fernseher ausmachen – kein Problem.

Aber wie wird man den Verhinderungskanzler Merz wieder los? Und vor allem – was kommt dann?

Die Blauen haben ebensowenig eine Antwort auf die wirtschaftlichen Herausforderungen, wie mittlerweile alle andern Reichstagsparteien und wie sie nebenbei gesagt auch die NSDAP absolut nicht aufzubieten hatte. Trotz ihrer großen Schnauze im Vorfeld mussten die Braunen 1935 den Reichshaushalt zur geheimen Reichssache deklarieren, weil sie am internationalen Anleihenmarkt abgemeldet waren. Die bekamen keinen Pfennig mehr. Womit noch Rohstoffe einkaufen? Von den Rohstoffmärkten waren die auch abgeschnitten. Womit noch die ausgeblutete Industrie wiederbeleben? Verstehen Sie – aus deren Logik heraus MUSSTEN die den Krieg anfangen, andere Länder überfallen, ausrauben und ausbeuten.

Die Nazis waren zum Sieg verdammt. Ansonsten wäre der Spuk 1939, spätestens aber 1941 vorbei gewesen. Insolvent, Bankrott, am Arsch! Das ganze Desaster wäre ihnen krachend um die Ohren geflogen. Sie hatten auf "Futures" gezockt und alles auf die schwarze 13 gesetzt und - am Ende buchstäblich alles verloren! Das war ein mörderisches, perverses und unsagbar blutiges Roulette und nichts anderes, von Anfang an!

Da hätte auch kein KdF-Geschunkel mehr darüber hinweggetäuscht, kein UfA-Durchhalteschinken und kein billiger Reichsarbeitsdienst. So sieht’s aus! Die Juden zu beklauen, die T4-Opfer zu ermorden, all diese großen „Einkommenspotentiale“ brachten unterm Strich gar nichts ein – die waren der berüchtigte Tropfen im lecken Wasserfass.

Und - nehmen die Parallelen zur Gegenwart langsam deutlichere Konturen an?

Der Weltmarkt ist ein Haifischbecken – und wer die Überlebensgesetze des Riffs nicht beherrscht und wem auch noch das Quentchen Glück mangelt – der ist Haifischfutter! Also das, wozu Deutschland sich gerade selbst verarbeitet.

Die Blauen sagen, sie wollen die illegalen und die schmarotzenden Ausländer rausschmeißen. Damit sparen sie Milliarden an Bürgergeld und SGB-XII-Zuwendungen. Das mag sein. Aber die Rechnung geht zumindest fürs Erste nicht auf: Die geplanten Rückführungen werden ebenfalls viele Milliarden kosten. Oder will man die Leute zwingen, so zu gehen wie sie seit 2015 kamen – zu Fuß nämlich? Das wird spannend. Die Zahl der dafür notwendigen Mannschaften unter Waffen ist Legion.

Die Bilder, die ein solches Vorgehen begleiten würden, dürften in der Welt zusätzlich befremdliche Erinnerungen hervorrufen und Deutschland wieder einmal um den allerletzten Kredit bringen. Auch nicht gut fürs internationale Anleihegeschäft.

Das Einsparpotential wird sich also als lächerlich erweisen.

Und dann?

Wie holen die Blauen die abgewanderte Industrie zurück? Wie bereinigen sie den bereits angerichteten Flurschaden? Wie revitalisieren sie die insolvente Zulieferindustrie, den gebeutelten Mittelstand? Wie heilen sie das Volk vom inflationierten Hochschulabschlusswahn von Millionen an der traurigen Realität ihrer debilen Blagen vorbei ambitionierten Helikoptereltern und führen dem Handwerk frisches Blut zu?

Diese Fragen muss die AfD in Regierungsverantwortung beantworten. In der Opposition kann sie sich mit vagen, schwammigen Szenarien begnügen und dafür auf die Oberflächlichkeit des Stammtischs bauen, der schon nicht so genau nachrechnen wird, solange die Messermorde, Vergewaltigungen, Kölner Domplatte, Weihnachtsmarktanschläge, Schülerterror und die unbetretbaren Problemviertel, in denen bereits nach Scharia geurteilt wird, die Ansichten des Volkes bilden und sukkzessive zementieren.

Merz muss sie jetzt schon beantworten. Merz kann es nicht. Wie soll er auch? Das könnte nicht mal der große Hudini. Weil er zu tief im colon sigmoideum seiner Yankee-Herrchen steckt. Aus dieser Perspektive kann man naturgemäß nur einen engen Ausschnitt der Welt erfassen. Wie also den komplexen Fragen begegnen, für die es einer umfassenden Weitsicht dringend bedarf?

Außerdem steckt die Karre bereits im Morast jahrzehntelanger Problemverweigerung fest. Jeder merkt es. Dieses Land hat seinen Zenit lange hinter sich. Es geht von nun an nur noch in eine Richtung – nach unten!

Merz tut so, als wolle er signalisieren, dass er kurz vor umme endlich kapiert hat, was das Volk umtreibt und entfacht die Stadtbilddebatte. Bei dieser Gelegenheit demonstriert er große Entschlossenheit.

Da das Ganze aber viel zu spät kommt, wirkt es nur noch als hilflose Farce, als traurige Komik ohne Lacher.

Auch das müsste Merz als alter Politprofi wissen: Versuche nur deinem Feind das Wasser abzugraben, indem du seine Themata aufgreifst und dir zu eigen machst – was zugegebenermaßen auf den ersten Blick plausibel erscheint! Das geht regelmäßig nach hinten los. Ein Rohrkrepierer dergestalt, dass man sich des Restes seiner eigenen Authentizität und seines Charakters begibt und sich als rückgratloser, amöboider, opportunistischer Molluske entzaubert.

Das Manöver ist allzu durchschaubar: Es geht lediglich um Stimmenfang, Rückgewinnung verloren gegangener Stimmen, Machterhalt – und keineswegs um ehrliche Überzeugungen. Man braucht nur eine halbe Hirnwindung mehr als ein Pantoffeltierchen, um zu dieser logischen Schlussfolgerung zu gelangen – und dafür reicht es beim Gros des deutschen Stammtischs noch allemal.

Ein Ersaufender versucht sich selbst zu retten, nicht die, die zu retten er einen Amtseid geschworen hat. Das ist einfach nur jämmerlich und erbärmlich. Das Volk merkt das und antwortet entsprechend. „Das Volk ist doof, aber gerissen“, sagte unser journalistischer Allvater Dr. Kurt Tucholsky. So doof, Vater Kurt, ist es denn aber nun auch wieder nicht.

Vor dem Hintergrund, dass das Land unter Merzens Rigide – wenn auch von ihm persönlich unverschuldet – endgültig abstürzt, begibt er sich nun mehr und mehr ins Fadenkreuz von persönlich auf ihn gerichteten Aversions-Projektionen.

Das ist fürwahr das Agieren eines Ertrinkenden. Der Mann ist gescheitert, seine Partei ist gescheitert, das Land ist gescheitert. Das Volk ist in zunehmender Mehrheit nicht mehr gewillt ihm den Rettungsring hinzuwerfen, zumal es diesen am Ende wieder teuer bezahlt.

Wenn man begreift, dass sich gesellschaftliche Dynamiken perpendikulär entwickeln und – wie das die Kommunisten bereits zutreffend analysiert hatten – helixartig wiederholen, dann versteht man blitzartig, welches Menetekel sich über Dresden für Kanzler Merz abzeichnet.

Das Volk beginnt ihm auf breiter Grundlage das Vertrauen zu entziehen und das ist viel schlimmer und dramatischer als ein Misstrauensvotum im Reichstag.

Links und Rechts marschieren jetzt gemeinsam gegen ihn auf – und das ist gefährlich. Beim Militär spricht man von einem Zweifrontenkrieg – und den hält niemand lange durch. Nicht aus einer derart geschwächten Position heraus.

Merz fährt an die Elbe. Etwas stromabwärts haben sich die Yankees und die Rotarmisten am 25. April 1945 getroffen, als sie bei Torgau die Zange geschlossen und die faschistische Bestie zwischen sich zerquetscht hatten wie eine Wanze.

DAS ist das allgemeine Ergebnis eines Zweifrontenkrieges.

Wenn man wenigstens in der Gymnasialzeit mal etwas von der Muse Klio gehört hat, dann sollte man jeden Ort, jede Gelegenheit als Lehrmeister annehmen – selbst Mütterchen Elbe.

Was Merz tun sollte? So richtig können wir ihm das auch nicht raten. Demissionieren wäre sicherlich eine suboptimale Lösung, denn dann wäre Chaos vorprogrammiert.

Aber er könnte den Bundessozialdemokraten und den Restgrünen deutlich die Wacht am Rhein ansagen. Denn deren widerliche Erpressung: „Wenn du nicht nach unserer Pfeife tanzt, dann musst du mit dem Teufel paktieren oder dich von ihm aus dem Rennen werfen lassen!“, funktioniert durchaus in beide Richtungen. Nur, dass den Sozen und den Grünen die erste Option verschlossen bleibt.

… obwohl … bei den Grünen sollte ein kluger und gut beratener Mann für gar nichts mehr einstehen. Die sind mittlerweile für jeden Verrat an ihrer propagierten Haltung von gestern und für jede radikale Kehrtwende zu haben. Wenn es Not tut sich von den autokratisch gesinnten Faschisten abzugrenzen, na, dann machen sie halt ihren eigenen Jakobinerladen auf.

Auch und gerade mit der SPD und den Grünen ist es also wahrscheinlich Matthäi zum Letzten, wenn die Blauen ans Ruder kommen.

Es sei denn, die deutsche Wählerhammelherde rennt blökend erschrocken vor der eigenen Courage in die Arme ihrer grünen und pseudoroten Peiniger zurück.

Also: Den Koalitionspartnern klare Kante zeigen, Pokerface aufsetzten, knallhart durchverhandeln, Machtwort sprechen und ein bisschen von Bundesmutti lernen, wie man mit unliebsamen Wadenbeißern verfährt! Im Gegenzug mit den Blauen auf rationaler und vernünftiger Ebene konstruktiv zusammenarbeiten, den Blauen auch mal die Gelegenheit zum Scheitern geben, das Gequatsche vom Parteiverbotsverfahren abstellen, die Kriegshysterie drosseln und zu einer soliden und verlässlichen Wirtschaftspolitik zurückkehren, mit den Russen reden, Starmer eine Nase drehen und Kriegstreiber Macron wieder einnorden, erschwingliche Energie zurückholen.

Die Spitzen der Ministerien endlich wieder mit Fachleuten besetzen, das verlogene Gedöns von der Aktivrente sein lassen, die Staatsgelderdverschwendung stoppen und endlich mal in Bezug auf Überregulierung, Klagewut und Bürokratie durchregieren.

Vielleicht wäre in diesem Portfolio einiges enthalten, was seinen Sessel im Kanzleramt zumindest für diese gesamte Legislaturperiode sichern könnte.

Denn gemessen an seinen Vorgängern ist er gewiss nicht die allerletzte Wahl, wenn es auch mit einiger Sicherheit seine allerletzte Wahl gewesen sein wird. Nach seinem Abgang kann er wohl nur noch bestenfalls für den Posten des Protokollführers beim örtlichen Karnickelzucht-Verein kandidieren.

Die Götter mögen Deutschland gnädig sein – auch wenn es das nach all seinen Jahrmillionen-Verbrechen und seiner stets insuffizienten Art, damit umzugehen, nicht verdient hat.

Dieses Volk hat seit dem Dreißigjährigen Kriege nie mehr zu einer in sich ruhenden, stabilen und ausgewogenen Mitte gefunden, obwohl sie die Schweizer, Holländer und Dänen zu ihren Nachbarn hatten, von denen sie hätten lernen können. Selbst die Polen könnten ein gutes Vorbild abgeben, oder die Böhmen … aber nee, wie ihr Kanzler ist auch die Deutsche Nation zu edel, um von anderen zu lernen. Im Gegenteil – Deutschland muss den Rest der Völker belehren, wie sie zu leben haben. Uns peitscht der Ekel!

Vielleicht geht das Licht einmal mehr vom armen, geschundenen und wiederauferstandenen Dresden aus, der nonchalanten Perle an der Elbe, den Dresdnern, die noch nie aus ihren sächsischen Herzen eine Mördergrube gemacht haben.

Geh mal, Fritze, geh mal und höre genau hin, was sie dir zu sagen haben! Und lass deinen verdammten Hochmut fahren. Denn Hochmut kommt immer vor dem Fall.

Das Land, dem Du gerade vorkanzlerst, hat ja den Wahrheitsgehalt dieses Sprichworts nun bereits x-mal durchdekliniert. Lerne endlich daraus!

32. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2003
01.10.2025