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Medikamente, DDR-Bonzen und eine westdeutsche Historikerin


Don M. Barbagrigia. Rathenow.
Die Berliner Zeitung veröffentlichte am 26. März 2023 um 20:53 online einen Artilkel der Journalistin Cornelia Geißler, in welchem diese zu einer Arbeit der Potsdamer Historikerin Jutta Braun schieb.

Braun behauptete, dass in der DDR nur Bonzen Zugang zu Westmedikamenten gehabt hätten. Der Landbote reagierte prompt.


Liebe Kollegin Geißler,
Da hat die Historikerin Braun sich aber mächtig vor einen politischen Karren spannen lassen, was? Und - wie hat die Kröte geschmeckt, als Sie sie schluckten?

Mein Vater, Chefarzt i. R. und latent stichelnder Feuerspucker gegen die BPO seines Krankenhauses, und ich haben wenig Grund, den Bolschewisten einen Lobeschoral anzustimmen. Wir saßen beide bei ihnen hinter Gittern und den Alten hat das Ministerium für Staatssicherheit sogar als Operateur einer großen gynäkologischen Operation aus dem OP heraus verhaftet. Das Leben der anästhesierten Patientin war denen dabei scheißegal. Auch bei den Bolschewisten war die Zahl der Lumpenhunde Legion.

Aber das mit den Westmedikamenten nur für Bonzen pauschal zu behaupten, ist eine faustdicke, ideologisch fundierte Unwahrheit. Fünf, setzen!

Der Alte war Onkologe und die Bolschewiken haben trotz Devisenknappheit das Säckel aufgemacht, wenn es galt, sauteure Chemotherapeutika wie cis-Platin-Derivate aus Westberlin zu besorgen, obwohl die Patientinnen arm und alt waren und eine infauste Prognose hatten - ohne Bonzen- oder Westverwandtschaft!

Sie haben den Arbeiterinnen, obwohl noch lange nicht im Rentenalter stehend, ganz fix blaue DDR-Reisepässe ausgestellt, weil die Westberliner Kollegen und Kolleginnen die Möglichkeiten zu einem CT hatten (in der Zone gab es zu der Zeit nur ein paar CT, unter anderem in BUCH und in Bad Saarow mit Wartezeiten bis zu einem dreiviertel Jahr, was die Anmeldung dann oft schon bei aggressiven Mamma-, Ovarial-, Cervixcarcinoma biologisch erledigte) und die Westberliner Mediziner das aus Kulanz miterledigten ohne das bei ihren Kassen abrechnen zu können.

Der Alte bekam Fachartikel aus dem Westen - ungeöffnet und ich - die Briefmarken!

Ich weiß, was ich den Bolschewisten zu verdanken habe - eine kostenlose ausgezeichnete Bildung (die Wessibildung ist dagegen desaströs und jämmerlich), ein kostenloses, nicht privatisiertes und dem Menschen zugewandtes Gesundheitswesen und eine glückliche Kindheit ohne Hunger und Obdachlosigkeit, ohne dass 12jährige Kinder den Mord an ihresgleichen mit der verschafften Gewissheit planten, mit einem Null ouvert davon zu kommen.

Ich weiß, wofür ich die Pseudo-Roten verachte: für Ihre Verlogenheit, für ihre Bonzenwirtschaft und dass sie sich erdreisteten, mich fünfundzwanzig Jahre meines Lebens in der Zone einzusperren und mir in dieser Zeit jahrein, jahraus blödsinnige Phrasen vorzudreschen, und mich dann richtig einzubuchten, als ich das Maul zu weit aufriss. Ich habe eine Kalaschnikow als Soldat in der Hand gehabt und vier Jahre später als Zivilist in Leipzig in ihren Lauf geschaut.

Es ist traurig, dass ich mich in einem Lande, für das ich einst in völliger Verkennung dessen, was hinter diesem Gemeinwesen wirklich steckt, sobald der real existierende Sozialismus als Konkurrenzmodell wegfällt, unter persönlichen Opfern eingetreten bin, gezwungen sehe, den einstigen Gegner zu verteidigen.

Aber nach einem toten Löwen zu treten, das ist der Esel traurig-erbärmliche Art. Das ist billigste politische Geschichtswissenschaft á la Ingrid Mittenzwei. Nee, Pfui Deibel!

Ich danke den Bolschewisten übrigens auch eine unangreifbare Kritik der kapitalistischen Ökonomie und Gesellschaft - auch wenn ich ihnen damals gar nichts glauben wollte. Das einzige Kriterium der Wahrheit ist nun mal die Praxis. Und dass dieses System hier in dieser Republik das bolschewistische System in jeder Hinsicht noch toppt*: Das schlimmste Verbrechen, das die Bundesrepublik sich hat zuschulden kommen lassen, war die Privatisierung des Gesundheitswesens. Ich hoffe, Frau Braun findet mal in den sieben Stunden Wartezeit in einer Rettungsstelle eines großen Versorgungskrankenhauses, das sich großsprecherisch Universitätsklinik nennt, Gelegenheit, diesen Sauereien nachzuspüren und wem die Kassen aus Alters-, sprich Kostengründen noch eine TEP fürs Knie oder die Hüfte zugestehen und wem nicht.

Und sollte sie eine seltene Krankheit haben, dann wird sie bald feststellen, dass nicht der Mensch Jutta Braun von Interesse ist, sondern dessen Pathologie, insofern sie einer Veröffentlichung an prominenter Stelle in der Scientific American, der Nature oder einem gleichrangigen oder Fachblatt dienlich sein könnte. Eine solche Publikation wäre nämlich dem Drittmittelerwerb für die Fakultäten und damit den Arbeitsplätzen der dort Tätigen und im besten Falle deren Karrieren zuträglich. So etwas gab's bei den Bolschewisten nicht. Die haben sich lieber bis in den Untergang verschuldet, die haben auch für Westgeld ihre eigene Großmutter verkauft und beinahe jegliche erdenkliche Gaunerei bis zu Justizverbrechen und Einbrüche begangen. Aber diese Spielart der westlichen Menschenverachtung war ihnen fremd.

Vielleicht reicht ja Frau Brauns Historiker-Gehalt, ihre Behandlung dann aus eigener Tasche zu liquidieren. Dann reden wir noch mal über Bonzen und Medikamente!

Mag sein, dass derjenige, der mit 18 Jahren kein Kommunist ist, kein Herz hat, und derjenige, der es mit 40 immer noch ist, keinen Verstand. Aber einen ANSTAND auch dem geschlagenen Feind gegenüber, kann man sich ein Leben lang bewahren, wenn man ihn denn hat. Ansonsten ist man keinen Deut besser.

Die Berliner war während der ganzen Corona-Irrsinnsjahre das einzige tapfere und aufrechte Blatt. Versuchen Sie, das zu bleiben.
Ihr Hübner

*PS Der Westen hat etwas geschafft, wovon Mielke nur träumen konnte. Die Leute verwanzen sich selbst mit Alexa und Consorten und bezahlen sogar noch dafür!

28. Volumen
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27.12.2023