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Harry Potter und der Feuerkelch – der Film

K. K. Bajun
Was auch immer unter dem Strich bleiben wird – wir attestieren Frau Rowland unsere aufrichtige Bewunderung. Es ist vielleicht nicht der Einfallsreichtum, den wir ihr insbesondere zugestehen könnten – der Stoff ist durch die Bank weg banal und allzusehr dem Horizont der Frau Rowland bekannten Welt verhaftet – und vielleicht wurde Potters Harry auch irgendwann einmal ein Selbstläufer.
Was nur fesselt Abermillionen vor allem Kinder und Jugendliche an dem Sujet? Ist es allein der Umstand, daß Potter bei den Teenies gerade „in“ ist? Daß der Junge oder das Mädchen riskiert, marginalisiert zu werden, wenn er oder sie nicht auf dem Laufenden ist?
Vielleicht spielt das eine gewichtige Rolle. Doch darüber hinaus? Nun, sie sind sicher fasziniert von einer Bühne, die durch ihre beinahe kongruente Parallelität zu der vertrauten Umgebung besticht. Alle Archetypen, alle alltäglichen Problemstellungen der Schulkinder werden bis zum Abwinken durchgehechelt. Da ist nichts Neues auf weiter Flur. Raumschiff Enterprise in einer anderen Dimension.
Ja nicht einmal die Triebfedern zwischenmenschlicher Dynamiken werden bloßgelegt, wie es Herrn Tolkiens die menschliche Seele sezierender Herr der Ringe leistete. Banal – es ist einfach nur zum Gähnen banal!
Der ganze Schulklamauk, der da um einen eher unscheinbaren Antihelden gestrickt wird, träufelt, mit etwas Hokus-Pokus gewürzt, auf die dankbaren jungen Konsumenten nieder, die sich – angewidert von den Problemen des Diesseits sowieso lieber in endlosen Tagträumen in eine andere verzauberte Welt hineinwünschen. Dabei bringt Frau Rowland ein kongeniales Mittel zur Anwendung: Erstens läßt sie ihren Auserwählten und dessen kleines Team ein Rudel grauer Mäuse sein. Das erleichtert die Identifikation des Publikums mit den Protagonisten ungemein. Schließlich besteht ja auch die Mehrheit der Zuschauer nicht aus Cheerleadern und Quarterbacks, sondern aus eben solchen Vertretern des grisen Mittelmaßes.
Zum Zweiten bietet sie die Taschenspielertricks aus dem Zauberkasten. Da kommt der eigentlich grummlige Lehrer und ruft den ewigen, aber eben leider starken Fiesling zur Raison. „Mein Gott“, wird da mancher pickliger Knabe und manch überpuderter Backfisch schluchzen, „ könnte der blöde Hund / die blöde Zicke aus meiner Klasse nicht ebenso mal vom Hammer meiner Gerechtigkeit getroffen werden?!“ Sie merken, die Betonung liegt auf „meiner“! Frau Rowland redet Abermillionen kleiner grauer Individuen nach dem Munde und darf daher die dankbare Masse abkassieren. Siehe Hedwig Courhts-Mahler.
Das Rezept funktioniert durch alle Generationen. Vielleicht lächeln Sie jetzt und sagen: „Na, wenn’s so einfach ist, warum schreibst Du nicht selbst so einen Schinken und setzt Dich hernach zur Ruhe?“ Ja, da liegt der Hase im Pfeffer.
Der Stoff selbst ist Dutzendware. Und ihn dorthin gebracht zu haben, wo er jetzt ist, dazu gehört eben nicht nur handwerkliches Geschick – sonst hätten wir schon Legionen von Multimillionären. Der Markt ist überschwemmt mit dergleichen Märchen von der Stange. Viel Glück gehört eben auch noch dazu, ihn entsprechend zu plazieren. Man muß die richtigen Leute treffen, die dann auch in der Lage sind, das Projekt auf die richtigen Geleise zu schieben und dann anzuschubsen. Einer der Lektoren eines amerikanischen Verlages, der das Pech hatte, Potters Potential völlig zu verkennen und so seinen Brötchengeber um ein Milliardengeschäft zu bringen, malocht jetzt in einer Fischfabrik bei Chicago. Und kein Zauberer, kein Wunderkraut, keine gute Fee holt ihn da raus!
Ach, was soll’s!
Das hat ja einen Unterhaltungswert, unbestritten. Und die Kinder und die erwachsenen Träumer sind glücklich. Das ist doch die Hauptsache.
Die technische Umsetzung war hervorragend, die Schauspieler haben ihre Sache gut gemacht. Wir können niemandem raten, ins Kino zu gehen um diesen Film zu sehen – aber abraten werden wir auch nicht. Irgendwann hat sich das Problem sowieso erledigt – die Protagonisten werden älter und dann wird die letzte Szene des Zauberlehrlings definitiv abgedreht. Kein Zauberstab wird daran etwas ändern. Dann wird’s wieder etwas anderes geben – wir dürfen gespannt sein. Die Geister, die Frau Rowland rief – wir werden sie wieder los. Sie ist vielfache Millionärin und braucht nie wieder ein Sozialamt von innen zu sehen. Darüber freuen wir uns am meisten. Sie hat es sich verdient.

B 3. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2005