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Goldblond – verheerende Torheit
der neueste Langustier von Herrn Tom Wolf

K. K. Bajun
Als der jüngste Band der Preußenkrimis um den preußischen Geheimkommisär und Zweiten Maitre de Cuisine bei Friedrich dem Großen, Honore Langustier, in der Redaktion des Landboten eintraf, knallten die Sektkorken! Zu lange erschien uns die Zeit, die seit dem letzten Opus aus der Reihe Preußen-Krimi des bebra-Verlages vergangen ist. Und das, obwohl Herr Wolf beinahe im Akkord schreibt. Runzeln Sie mal nicht die Stirne! Sie denken an Konsalik und Konsorten? Nee, da sind Se auf’m Holzweg! Herr Wolf ist ein Antipode dieser Skribenten: Dieser Autor aus Bad Homburg hat sich endgültig zum preußischen Mankell profiliert. Vielleicht ist es auch nicht zu vermessen, Herrn Mankell den schwedischen Wolf zu nennen. Denn eines hat Herr Wolf seinem Kollegen aus Mitternacht voraus: Während sich dessen Held Kurt Wallander in einer notorischen Sinfonie der Schwermut bewegt, blinzelt und blitzt aus den Abenteuern des Zweiten Chefkochs unseres Großen Königs Zeile für Zeile ein köstlicher, ein superber, ein wahrhaft intellektueller und spitzbübischer Humor hindurch. Intelligente und herzerfrischende Unterhaltung, durchsetzt mit brillierenden Pointen: Kein Silvester-Feuerwerk macht vergleichbaren Effekt!
Es ist ja nicht so, daß wir nur eines Krimis teilhaftig würden! Da glauben wir beispielsweise, etwas von unserer Brandenburgischen Heimat zu verstehen – und Herr Wolf belehrt uns eines Besseren: Mit Detailatlas, der Zeitschrift "die Mark", einem Automobil und einem Drahtesel bewaffnet, folgen wir den Spuren des detektivischen Küchenmeisters, während sich unsere in Fragen der Kochkunst wirklich exquisit beschlagene Frau Lektorin vergeblich müht, uns all die Delikatessen zu offerieren, die der Autor immer wieder in den Fortgang der Handlung einzuflechten versteht. Wir entdecken dabei uns bisher Unbekanntes, Neues, Interessantes aus unserer näheren Heimat – wie auch Herr Wolf in seiner im 18.Jahrhundert angesiedelten Handlung selten den Bezug zur Gegenwart verliert.
Es macht Spaß ein Buch zu lesen, dessen Sujet zwar – wie jeder Krimi – die abstoßendsten Verirrungen der menschlichen Seele zum Inhalt hat, diese aber in so unterhaltender, wortmalender und kenntnisreicher Art darbietet, daß man während der ganzen Lektüre nur eines bedauerlich findet: Wenn man nach der letzten Zeile den Krimi zuklappen muß. Denn jetzt beginnt wieder die schier unerträgliche Wartezeit…
Was hat er diesmal zu tun, unser Küchenchef? Alt ist er geworden und dennoch rüstig geblieben. Ein Traumgrundstück bei Potsdam – Wasserlage – und eine üppige Pension sollen seinen Ruhestand versüßen. Doch das ist nichts für einen umtriebigen Geist! Der muß gefordert werden.
Er hat „Glück“: Da selbst Mitmenschen, die sich erklärtermaßen den edelsten Werten zuneigen, eben nur Menschen bleiben, ereilt ihn auch bald der Ruf des Prinzen Heinrich, des markantesten und bei Weitem fähigsten Bruders unseres Königs: Der unzeitgemäße Tod geht wieder um im Preußenland und diesmal erwischt es Leute – die alle eines gemeinsam haben: sie sind Mitglieder in humanistisch orientierten Geheimbünden. Just in die Welt dieser Organisationen, die das Licht der Öffentlichkeit im Allgemeinen meiden, entführt uns die Handlung dieses Krimis. Es ist beinahe so eine Art "Foucaultsches Pendel" – nur eben sehr viel kompakter, lustiger, spritziger – na, wir sagten es schon.
Mit Geschick stellt Herr Wolf seinem gealterten Detektiv dessen charmante, hübsche und blitzgescheite Urenkelin zur Seite und bewahrt sich somit eine Option, auch künftig dem Verbrechen in den preußischen Residenzen Potsdam und Berlin auf die Finger zu klopfen. Und wer weiß – vielleicht verschlägt es die junge Dame auch einmal in die Wiege der Mark, die alte Dreistadt Brandenburg an der Havel. Hier gäbe es sicher die ein oder andere criminale Mine auszubeuten…Man verzeihe uns den vorwitzigen Lokalpatriotismus.
Wir begegnen einem gewissen Geheimrat Goethe, der in liebenswürdigster Manier von seinem vergöttlichten Sockel geholt wird. Eine Nuance überzeichnet erscheint uns ebenfalls die Figur Prinz Heinrichs und das anatomische Theater Berlins rückt etwas zu nahe an das Prinzenpalais – aber das alles gewährt die dichterische Freiheit dem Autor mit Freuden. Sonst haben wir nichts, aber auch gar nichts zu mäkeln. Zu gut, zu sauber hat sich Herr Wolf ins preußische achtzehnte Jahrhundert hineinrecherchiert!
Mit aufrichtiger Begeisterung dürfen wir unserer verehrten Leserschaft – insbesondere den uns verbundenen Damen und Herren des Bibliothekswesens – dieses Büchlein ans Herz legen. Es ist im bebra – Verlag zu Berlin erschienen, dem mit der Bindung an diesen wirklich exzellenten Autor ein großer Wurf gelungen ist.
Möge Monsieur Langustier Eingang finden in das Pantheon der überregional berühmten Detektive und möge die Reihe der Preußenkrimis Herrn Wolfs aus der sicherlich aparten Ecke der Geheimtips hervorbrechen um die Herzen derer im Sturm zu erobern, die Erlesenes zu schätzen wissen!

B 3. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2005