Baaks

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Nachtgebet für einen Chirurgen
mit gefalteten Pfoten vorgetragen von Kotofeij K. Bajun
für seinen frommen Sohn J.-P. L., an dem er Wohlgefallen hat

Wenn der Mond am Himmel steht
wird es über Sachsen still,
nur ein armer Feldscher fleht:
mögen sie in ihren Butzen
bleiben! Nur nicht hierher
- so Gott will -
soll'n sie ihre Schritte lenken
sonst werd ich den Kopf ihnen putzen,
des' Unverstand sie hergeweht,
ihnen den Verstand einrenken,
fällt es mir auch noch so schwer,
mich aus den Federn zu erheben,
müde, tapsig wie ein Bär...
"Wartet, ihr könnt was erleben!"

Ihr habt mich um den Schlaf gebracht,
den traumgehetzten, leichten, kurzen...
am Tage habt ihr noch gelacht,
nachts fiel's euch ein:
Du lieber Himmel! Ach Jottchen bloß:
Mein Zipperlein,
der Pimmel wird nicht mehr so groß,
seit Wochen auch
kann ich nicht furzen,
gebläht der Bauch,
was ist das nur?
Es geht der Blick
zur Küchenuhr.
Wie sie da tickt
zur späten Stunde,
draußen jaulen ein paar Hunde.

Mitternacht – die Türe kracht
ins Schloss hinein,
zu einem Stößchen
hat mein Weib doch nur gelacht.
Was soll ich so gekränkt Mimöschen
also mit der Nacht beginnen?
Die doch eben hat begonnen,
deren Stunden zäh verrinnen
ohne Freuden, ohne Wonnen.

Oh Wilkommen, Zipperlein,
treuer Freund du – schon seit Jahren!
Blähungen und Leberpein,
Wehwehchen – kommt zu mir in Scharen!

Denn ich muss dem Onkel Last,
der seit vielen, vielen Stunden
ohne Ruh und ohne Rast,
in der Klinik seine Runden
drehte und sich sehr dabei verbrauchte,
schnell erzählen von den Wunden,
die das Leben mir geschlagen,
weil ich hurte, soff und rauchte,
von dem Löchlein in dem Magen
das noch niemand hat gefunden.


Denn die Ärzte könn'n nur pfuschen
diese Stümper, die Banditen
ich sollt mich ins Bette kuschen?
Weit gefehlt! Denn die Leviten
les' ich heute noch dem Manne
in dem langen weißen Kittel,
und ich weiß ein gutes Mittel,
ihn zu plagen und zu schinden
den Lebensmut ihm auszupressen,
Doktorchen, ich werd' dich finden!
Die Länge deines Schlafs: bemessen!

Denn nun komme ich, der Kranke!
Im Fernsehen ist nur tote Hose,
die Alte will nicht, 's gibt Getose,
wenn ich länger an ihr tatsche,
ihre Hand sitzt da recht lose,
schnell gibt's da mal eine Klatsche
von ihr für mich zum bösen Danke.

Das ist nicht schön, das ist nicht heiter,
drum zum Krankenhaus geeilt,
wo der liebe Doktor weilt,
dessen Schlaf schert mich nicht weiter,
denn, wer liegt im Elend hier, im Matsche?
ich doch wohl, drum hurtig jetzt
und auf die Socken!
Den Doktor hol'n wir aus dem Bette,
den woll'n wir aus der Stube locken,
denn siehe: schwer bin ich veletzt!
Ich ford're, dass er mich errette.

Das drängt, das drückt,
ei – das pressiert!
Nun auf denn, in die Rettungsstelle!
der Doktor wird noch schier verrückt.
Denn nicht allein bin ich - zu viert
rücken wir ihm auf die Pelle,
die Sippe muss auf alle Fälle,
mit dabei sein zu dem Zwecke,
dass dem bösem Doktor Laste,
nicht ganz wach und nicht ganz helle,
wenn ich ihn zur Unzeit wecke,
das Wort erst ausrutscht, dann die Kelle,
und mir sodann in seinem Braste
applizieret eine Schelle
auf mein arrogantes Maul,
statt mich tröstend zu behandeln,
nachzusehen nach Aug' und Mandeln,
ach, was ist der Kerl so faul,
an eins nur denkt der böse Wicht
und das ist nächtens auszuschlafen.
Möge Gott ihn dafür strafen!
Schlafen lasse ich ihn - nicht !

Klären müssen wir ad hoc
warum es mir verwehrt mit Fürzen
meine Nachbarschaft zu plagen,
zuzustinken und zu würzen.
Dazu muss er mir was sagen!
- schließlich ist er hier der Doc! -
es eignet sich drum keine Zeit
zu diesem dringenden Behuf
als diese jetzt. Tut es mir leid?
Warum wählte er denn den Beruf?

Nun muss er leiden,
lass ihn springen
hin auf meines Fingers Winke!
Will mich an seinem Elend weiden
freudvoll will ich trällernd singen:
„Sieh nur, Doktor, wie ich hinke!“

Herbei, herbei, studierter Tropf
mit dem ungekämmten Schopf
mit dem schwarzen Augenringe,
sieh nur, ich bin guter Dinge,
denn, wenn mir verwehrt die Ruhe,
sollst du auch nicht in die Truhe!

Dafür kriegst du sehr viel Geld
für die Weiber bist ein Held
ein so ach begehrenswerter,
umschmeichelter und hochverehrter.

Dafür wirst du nun bezahlen
Dafür lasse ich dich bluten,
nicht ich – nein du hast jetzt die Qualen!
Viel ist dir noch zuzumuten
von so 'nem Schweinehund wie mir,
darauf noch 'n kleinen Weißen
und 'nen schäumend Humpen Bier,
dann kann am Ende besser scheißen
ich vor Deinen Koffer dir...!

Armer, bös geschund'ner Sohn,
sinnlos ist Dein lautes Fluchen,
dieses Kruppzeug geht nicht alle,
niemand braucht das Pack zu suchen,
immer und in jedem Falle
werden sie vor Freude juchen
wenn sie einen schinden dürfen,
mit ihrem Querulanten-Scheiß.
Tief in Doktors Kräften schürfen
bis er in der Kiste liegt
im Gesichte fahl und weiß,
ausgelaugt und ausgelitten,
in den ew'gen Schlaf gewiegt,
aus dem ihn holt kein flehend Bitten,
kein Pieper und kein Telephon.
Nur die Nachtigall singt leis',
im Nachtwind wiegt sich roter Mohn.

Drum schlaf du nun, und Gute Nacht,
wir wollen unser bestes geben,
und beten, dass der Himmel wacht,
gesund erhält dich und am Leben
der Herre Gott dich gütig schont,
vorm Bösen, das zu Sachsen wohnt.

Brandenburg an der Havel, den 4. Februar 2011

L 1. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2003
04.02.2011