Die Bismarck-Warte

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Die Bismarck-Warte vom Aufgang zum Marienberg aus gesehen.
Die Bismarck-Warte: Die Büste Bismarcks wurde später durch eine weiße "Friedenstaube" ersetzt.
(um eine große Farbaufnahme aus dem Jahre 1915 zu betrachten, bitte Bild anklicken)

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Den Aufgang zum Marienberg von Süden her krönte vom 01. April 1908 bis zum 22. März 1974 die Bismarck-Warte.

Errichtet wurde sie zu Ehren des späteren "Eisernen Kanzlers". Der war nämlich Gegenkandidat von Oberbürgermeister Franz Ziegler in der Wahl zur Preußischen Nationalversammlung vom 05. Februar 1849. Und so gesehen hatte er eine etwas engere Beziehung zu der Stadt Brandenburg an der Havel.

Das Bauwerk selbst fügte sich sehr harmonisch in die Landschaft ein. Es war aus massiven Feldsteinen aufgeführt und hatte den Grundriß konzentrischer, halb geöffneter und geschlossener Kreise, die sich an den Außentreppen fortsetzten.

Aus einer Höhe von etwa zehn Metern über dem Eingang konnte der Besucher die Aussicht über die Brandenburger Neustadt bis weit hinter dem Dorf Schmerzke genießen.

In den sechziger Jahren bis zu ihrer Sprengung am 22. März 1974 beherbergte die Bismarck-Warte, die zu diesem Zeitpunkt schon in "Friedenswarte" umgetauft worden war, eine Ausleihstation für Sportartikel wie Rollschuhe, Skier, Eislaufschuhe, Rodelschlitten u.s.w. Es ist mir erinnerlich, daß die Brandenburger Kinder immer regen Gebrauch von den Angeboten dieser Station machten.

Die Schicksalsstunde dieses imposanten Gemäuers schlug mit dem sich nahenden fünfundzwanzigsten Jahrestag des Bestehens der DDR. Irgend einem Genossen aus der Garde der "Hundertprozentigen" muß wohl aufgefallen sein, daß trotz der Friedenstaube, die seit 1958 die Frontbüste Bismarcks ersetzte, viele alte Brandenburger noch immer von der "Bismarck"-Warte sprachen. Das stieß den Natschalniks gallig auf. Stand doch der erste Reichskanzler für das reaktionäre Junkertum und das Hegemonialstreben des Deutschen Imperialismus. Vom Sozialistengesetz ganz zu schweigen. Und ein solches Denkmal sollte die umhätschelte "Stadt der Aktivisten" krönen, in der ein saarländischer Dachdecker und Schalmeienspieler namens Honecker im faschistischen Zuchthaus gesessen hatte? Das ging nun wirklich nicht! Und weil die sturen Brandenburger sich nun partout nicht anders bekehren lassen wollten, erklärte man die Bismarck-Warte kurzerhand für baufällig, ging mit Dynamit und Bagger zu Werke und pflanzte die sehr umstrittene "Friedenswarte" an die Stelle des vorbelasteten Aussichtsturmes. Man mag über die Architektur des Nachfolgeobjektes geteilter Meinung sein, aber nun mußten sich die Brandenburger das Wort "Friedenswarte" zu Herzen nehmen, ob ihnen das paßte oder nicht.

Die vorgeschobene Baufälligkeit war ein mehr als schaler Witz von ebenso abstoßendem wie zweifelhaften Zynismus. Dieses Kleinod aus märkischen Feldsteinen hätte wohl die nächsten tausend Jahre noch mühelos überstanden. Wäre doch die Innenstadt von Brandenburg nur halb so "baufällig" gewesen, wie die Bismarck-Warte - sie wäre nach der Wende mit geringen Mitteln komplett zu sanieren gewesen.

Dafür durften die Brandenburger und ihre Gäste nun aus ein paar Höhenmetern mehr ins märkische Land schauen - an klaren Tagen sah man durch einen guten Feldstecher sogar die Antenne auf dem Schäferberg im Westberliner Stadtbezirk Zehlendorf...- aber die Kinder mußten nun zusehen, wo sie ihre Spiel- und Sportmaterialien an Land zogen.

Die "Sieger von Morgen" sind größtenteils verschwunden oder haben sich erfolgreich angepaßt. Ihre Beton- und Aluminium-Hinterlassenschaft auf dem Berge ist geblieben. Sie symbolisiert den Preis, den Bilderstürmer für die Auseinandersetzung mit politischen Gegnern zahlen bzw. die Bevölkerung zahlen lassen.

Genießen wir daher abschließend noch einmal den Vorkriegsanblick, der uns von der alten Warte in Richtung Süden zuteil wurde! Erfreuen wir uns an den intakten Dächern der Franziskaner-Klosterkirche St. Johannis und des Dominikanerklosters St. Pauli. Der heutige Blick in dieselbe Richtung offenbart uns dagegen die trostlosen Zeugnisse menschlicher Barbarei und Dummheit, aber auch tapferen Aufbau- und Neugestaltungswillen.

 

Die Bismarckwarte von der Rückseite her, i m Hintergrund das Panorama der Vorkriegs-Neustadt

. Die Bismarck-Warte von ihrer Rueckseite her gesehen. Der Standpunkt des Betrachters entspricht ungefähr dem Standort der Marienkirche und dem des heutigen Wasserreservoirs.

© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2003