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Drachen auf dem Marienbeg
310 Sportler rangen um den 4.ASC-Indoor-Cups der Drachenbootfahrer

Michael L. Hübner
Da klettern also sechzehn Leute in ein schlankes Drachenboot und kurze Zeit später dreschen sie mit ihren Paddeln in das Wasser, als sei der leibhaftige Satan hinter ihnen her. Wo können sie nur hinwollen? Weit kommen sie jedenfalls nicht. Gerade mal sieben Meter in die ein oder in die andere Richtung. Denn jeweils acht Kämpfer sitzen sich in dem schlanken Boot gegenüber und versuchen, das Wassergefährt in ihre Richtung zu treiben. "Es ist wie Tauziehen, nur umgekehrt", beschreibt Organisator Frank Dirsat von den Stadtwerken das sportliche Ziel des 4. ASC-Indoor-Cups der Drachenbootfahrer. Es ist aufregend, was die 310 Sportler, unterstützt von 48 Helfern sowie der DRK-Wasserwacht im Großen Becken des Marienbads zeigen. Drachenbootmannschaften aus Prag, Stettin, Rostock, Berlin und vielen weiteren Orten waren gekommen, 29 insgesamt, die sich über die Vorrunden zum Finale hinaufzukämpfen versuchten. Fünf Frauenmannschaften traten gegeneinander an. Auch die Brandenburger Oberbürgermeisterin gab alles und kämpfte im "office-dragon". Der Brandenburger Büro-Drachen hielt sich tapfer und focht mit den Brandenburger Medizinern das längste Rennen des Tages mit 3 Minuten 35 Sekunden aus. Wer diese Verwaltung mit all ihrer Zähigkeit und Widerstandskraft kennt, der weiß, wie hart es ist, sie in die Defensive zu drängen! Die Medizinerinnen zogen somit den Kürzen und eroberten den fünften Platz nach den Verwalterinnen, die Platz Vier belegten. Leider mussten auch die Rathenower Sportfreunde die Fahne einholen. Spielte die Stadt des Großen Kurfürsten am 15.6.1675 noch ein grandioses 1:0 gegen die schwedische Nationalmannschaft (allerdings in einer anderen Disziplin...), so wurde sie nun vom Neuruppiner Kanuverein in die Ecke gedrückt und verpassten damit das Bronze-Treppchen. Apropos Nationalmannschaft: Viele ehemalige Leistungssportler nutzen laut Dirsat das Drachenbootfahren zum geselligen Ausgleich oder Abtrainieren. Polnische, böhmische und der deutschen Nationaldrachenbootfahrer waren in den Booten vertreten und dementsprechend schlugen die Wellen hoch im 50-Meter-Becken des Marienbades. Durchtrainierte Bootsbesatzungen kommen mit ihren Wasserfahrzeugen durchaus auf Geschwindigkeiten von siebeneinhalb Knoten, was in etwa 14 Kilometern pro Stunde entspricht. Nun hält keine Mannschaft dieses Tempo eine Stunde lang durch. Nach wenigen Minuten ist der Spaß vorbei – es tutet und dieses akustische Signal zeigt an, dass das Bootsheck die eine oder andere Ziellinie erreicht hat. Anfeuerndes Gebrüll, schäumendes Wasser, verbissen kämpfende Athleten, drei gebrochebe Carbonpaddel, die der Anstrengung nicht mehr standhielten – 320 Zuschauer gaben diesem Wettkampf eine würdige Kulisse! Irritierend und verstörend aber ist der unselige Drang, den Booten englische Namen überzuhelfen. Ist den Sportlern die eigene Muttersprache, die Sprache Tucholskys, Heines, Rilkes, Goethes und Lessings etwa peinlich, dass sie diese mit Geringschätzung strafen? Oder will man mit seinen "Dragons" andeuten, dass die deutschen Paddler auf allen englisch dominierten Seen der Welt zuhause sind? Die Sorben kämpfen tapfer um den Erhalt ihrer Sprache und die Deutschen werfen ihren Wortschatz achtlos über Bord! Was würden wir staunen, begännen die Briten ihre dragons und die Franzosen ihre bateau-dragons "Stahl-Drachen" oder die Chinesen gar ihre lóngchuáns "Barco-dragón de la adminstratción", "pirogue d' énergie" oder "medizinskij dragonbot" zu nennen! Diese abwegige Vorstellung mag die Absurditiät des Trends der kulturrellen Selbstaufgabe hinreichend beleuchten, dem aus der Havelstadt der Brandenburger Justiz Drachen stolz entegentrat. Mit diesem Selbstbewusstsein ließ sich auch im Fun-Mix Silber erobern.
Im Ergebnis siegten in den Klassen Premium_Mix der Brandenburger "Steel Dragon", im Sport_Mix der Dessauer "Dragon One", im Fun_Mix die Berliner "MO Dragons" und bei den Frauen die "BDC Spree Sisters Berlin".


BU: 1-8 Das 50-Meter-Beckens brodelt, wenn die Drachenbootfahrer ihre Paddel ins Wasser dreschen!

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14.11.2012