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Geschenkt ist geschenkt ...
… wiederholen ist gestohlen!

B. St. Fjøllfross
Mit seinen mühsam eroberten Ländchen hat Mütterchen Russland noch nie ein glückliches Händchen bewiesen. Soviel Dussligkeit gibt’s in keinem Russenfilm! Da verscherbeln sie 1867 Alaska an den späteren Erzfeind, der allerdings damals auf dem Globus noch keine nennenswerte Rolle spielte. Später, in der Zeit des kalten Krieges, wird Mischa, das russische Bärchen, pausenlos am Ufer der Moskwa damit befasst gewesen sein, sich in den eigenen Arsch zu beißen.

Muss so um diese Zeit gewesen sein, als man – wahrscheinlich aus bürokratisch-ökonomischen Erwägungen heraus, auf den Trichter verfiel, die unter Katharina und Potemkin so mühsam eroberte Krim an die Ukraine zu verschenken. Nun wurde in Kiew am Dnjepr entschieden, was rund um Artek, Jalta und Sewastopol zu geschehen hat. Gut, vorerst noch nicht so richtig ...

Es ist schon alles sehr merkwürdig. Ist Kiew nicht die Mutter der russischen Städte? Und bedeutet Ukraine nicht „am Rande gelegen“? Am Rande von was? Von Russland natürlich. Aber war die Kiewer Rus nicht das Herkunftsgebiet beider großer Nationen. Und sind diese beiden großen Nationen nicht eigentlich eine einzige? Getrennt nur durch künstliche Grenzen und ein paar geringfügige Unterschiede in Schrift und Sprache?

Dieser Tage wird ein Paradies wiederum zur Hölle – wie so oft in seiner Geschichte. Die liebliche Krim – sie hat schon immer die ruhelosen Völker in ihren Bann geschlagen. Alle wollten sie ihren Platz im Paradies. Und gälte es, den Nachbarn daraus zu vertreiben! Selbst das Deutsche Reich reflektierte auf das Ländchen, dessen neuzeitlicher Name nicht umsonst mit dem tatarischen Wort für „Festung“ korrespondiert, für sich vereinnahmen. Ein Gotengau sollte entstehen. Kein Wimpernschlag der Geschichte später war dieser Spuk dann wieder vorbei. Womit nicht gesagt ist, dass es generell aufgehört hat zu spuken. In der großen, unbesieglichbaren Sowjetunion war es ziemlich wurscht, was wozu gehörte, was wie hieß. Alles parierte nach Moskaus Befehl.

Vorsorge für die Zukunft zu treffen, kam den Greisen im Kreml an der Moskwa nicht in den Sinn. Wozu auch? Man hatte doch, wissenschaftlich bewiesen, die Zukunft für sich gepachtet.

Doch wie lehrten die Bolschewiken es selbst: Das einzig zuverlässige Kriterium der Wahrheit ist die Praxis. Und in der Praxis soff die Sowjetunion unrühmlich ab. Aus war's mit der Zukunft. Jetzt standen Probleme an, derer sich vorher niemand auch nur im entferntesten bewusst gewesen war.

Großzügig hatte der ukrainische Bauernjunge Nikita Chruschtschow die Krim der Ukraine geschenkt. Das war 1954 und hatte damals nicht mehr als symbolischen Charakter. Das änderte sich schlagartig, als die Grenzen zwischen den Sowjetrepubliken zu völkerrechtlichen Grenzen wurden. Auf einmal bestimmten Leute in Kiew, was auf dem strategisch unendlich bedeutsamen Balkon über dem Schwarzen Meer zu geschehen hat. Das steckt nämlich dahinter. Es geht doch nicht um ein Ländchen mit mediterranem Klima! Wer die Krim beherrscht, der beherrscht das Schwarze Meer!

Und nun müssen wieder kleine Leute, die noch nie etwas zu sagen hatten, als politische Pokermasse herhalten! Du bist Russe, du bist Ukrainer, du bist Krimtatar … Blödsinn! Sie sind Menschen. Kiew und Moskau brauchen diese Menschen nur als Stimmvieh, um ihre hegemonialen Interessen besser begründen zu können. Und das Blöde ist, diese Menschen sind so dämlich, sich dafür instrumentalisieren zu lassen, gleichwohl es für sie egal ist, ob sie nach Kiews oder Moskaus Pfeife tanzen.

Ein Krieg steht wieder ins Haus. Ein Bruderkrieg, wie er seit Kain und Abels Zeiten nie aufgehört hat, die Geschicke der Menschheit zu bestimmen. Und die Welt fühlt sich wieder berufen, mitzumischen und den lokalen Konflikt zu einem globalen zu erheben. Denn es gilt, das ewig fremde Russland, dieses Relikt des alten, „abtrünnigen“ Byzanz aufs Haupt zu schlagen! Dafür ist jedes Mittel recht. Dieser unverhohlene alte Hass der von Rom geprägten „alten Welt“ gegen die Moskowiter, der sich bestenfalls für ein paar Jahrzehnte bestenfalls kaschieren, nie aber überwinden ließ! Er bricht sich wieder Bahn und zündelt wieder an der Lunte.

Wär's ernst gemeint, wo bleiben dann die lautstarken Proteste gegen die chinesische Annektion Tibets? Es ist doch alles so verlogen. Wenigstens der Drache enthält sich seines feurigen Schnaufens. Er weiß, dass alle anderen auch wissen, wie viele Leichen er buchstäblich im Keller, bzw. auf dem Dachboden des Reiches der Mitte hat.

Doch das ist alles nicht so recht das Problem. Ob das 1954 mit der Territorialschenkung nun Mummenschanz von Nikita Sergejewitsch war oder nicht – mit dem Zerfall der Sowjetunion wurde dieser Gebietstransfer knallharte, völkerrechtliche Realität. Was Zar Wladimir jetzt macht, erinnert uns Europäer allzu sehr an Hitlers Zugriff auf das Sudetenland und dann später auf ganz Böhmen und Mähren. Und wie reagierte der Westen damals? Und wie reagiert er heute? Das sind die entscheidenden Parallelen.

Man braucht vom Preußischen Landboten nicht erwarten, dass er Mütterchen Russland in den Rücken fällt, solange sich das russische Land nicht irgendwelchen nationalistischen Klerikalfaschisten ausliefert. Dass Zar Wladimir aus europäischer Sicht eine umstrittene Personalie ist, soll zugegeben sein. Wir glauben zu wissen, dass es dieser Schlag ist, der ausschließlich dazu befähigt ist, das Riesenreich zu Großem zu führen. Wir wissen wohl, welche unsäglichen Opfer das jedesmal dem russischen Menschen abverlangt. Das war so unter Iwan dem IV. so, unter Peter dem Großen und – Gott sei's geklagt – auch unter den roten Zaren. Wir wollen das nicht weiter vertiefen. Aber farb-, saft- und kraftlose Träger der Mütze Monomachs sind per se Staatsfeinde par excellance für das Reich des Bären.

Nun herrscht also wieder der Bär über die Krim. Die europäischen Demokratien plustern sich wieder ein wenig auf, schreien Kikeriki und flattern öffentlichkeitswirksam ein bisschen mit den gerupften Flügeln. Doch schon jetzt beginnt man rund um Brüssel anzudeuten, dass Fakten geschaffen worden seien. Und Russland möge doch bitte, bitte nicht die Ukraine spalten. Ansonsten beschränkt man sich darauf, ein paar Leuten die Konten und die Pässe zu sperren. Die spucken drauf! Hinter den Kulissen werden bereits die Rechenschieber hin und her geschoben: Sanktionieren wir, dreht der Bär den Gashahn zu und dann wird’s teuer. Erst kommt das Fressen und dann die Moral. So ist das nun mal seit alters her und das wird auch immer so bleiben.

Prost Krim! Kommt der Krimskoje halt wieder aus Russland. Ist egal. Schmecken wird er genauso.

23. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
19.03.2014