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Fair Game – wirklich?
Amerikas halbherzige Abrechnung mit der eigenen Schuld

von B. St. Fjøllfross
„Fair Game“ heißt der neueste Streifen des Regisseurs Doug Liman aus den Vereinigten Staaten von Amerika. Erneut wird der Überfall der U.S.A. auf den Irak zum cineastischen Thema erkoren. Allein das verspricht interessant zu werden. Nicht, dass wir etwas dagegen haben, dass die Supermacht unter der Rigide von George W. Bush jun. seinerzeit Hussein und seine Baath-Partei beseitigt hat. Ganz im Gegenteil! Dieser Wahnsinnige und seine Mörderbande mussten von der Bildfläche verschwinden! Aber mach das mal der Weltöffentlichkeit klar! Da könnte ja jedermann zu jeder Zeit in viele Länder der Welt einmarschieren. Halb Afrika würde nach einer Invasion brüllen. Nord-Korea müsste noch heute überfallen werden und von den Zuständen auf dem amerikanischen Südkontinent wollen wir mal schweigen. Aber geht das? Soweit ist die UNO noch lange nicht, so viele gouvernale Rechte besitzt sie nicht, es gibt keine rechtsverbindliche Verfassung für den Globus. Niemand könnte also nachvollziehbar festlegen, wer wo und wann militärisch in einem fremden Staatswesen zu intervenieren berechtigt wäre. Das ist der eine Punkt, der die Freude über den Sturz des Diktators aus dem Zweistromlande trübt. Zweites – nicht primär darum ging es dem Welt-Sherriff von eigenen Gnaden. Wo lauthals palavert wurde, dass sich dort die Irren von Bagdad mit einem Atomwaffenarsenal zu dem Zwecke eindecken, die freie Hemisphäre zu terrorisieren, ging es den USA nachweislich ausschließlich um den ungehinderten Zugang und die Kontrolle sowohl der irakischen als auch der angrenzenden Ölfelder. So ein Desaster wie die irakische Besetzung Kuweits wollte man nie wieder erleben. Und wäre es der verlogenen Bush-Administration nur um den „illegalen“ Atomwaffenbesitz eines Staates dieser Welt gegangen, sie hätten wohl mit derselben Berechtigung schon längst mit ihren Panzern auf dem Marktplatz von Pjöngjang stehen müssen. Aber die haben kein Öl und können sich von daher in Ruhe und Sicherheit wiegen, ganz egal wie sehr sie mit ihren Terrorangriffen auf ihre südkoreanischen Brüder und Schwestern die Stabilität der Region bedrohen. Wer entscheidet überhaupt darüber, wer Atomwaffen zu Recht oder zu Unrecht besitzt? Welche ungeheure Anmaßung steckt dahinter? Israel sollte welche besitzen, obwohl ganz klar ist, dass es sich hier um eine unerklärte Atommacht außerhalb des Atomwaffensperrvertrages handelt. Nun gut. Aber die U.S.A. selbst? England? Frankreich? Die Russen? China? Südafrika? Was ist mit Indien und Pakistan – deren Dauerkonflikt die Welt durchaus in eine nukleare Katastrophe zu reißen vermag? Kein Ami zu sehen, kein Flugzeugträger, kein Stealth-Bomber, keine Drohne... Nein, wir wissen alle, warum die Amerikaner den Wüstensturm zwischen Euphrat und Tigris entfesselt haben. Warum sie es riskierten und in Kauf nahmen, dass eine der brandgefährlichsten Regionen dieser Erde, der fruchtbare Halbmond zwischen dem Mare Nostrum und dem Kaspisee bis zum Aberwitz destabilisiert wurde. Nur bei heillosen Narren kann es darüber noch Zweifel oder Illusionen geben. Das wollen wir an dieser Stelle aber nicht zum x-ten Male durchkauen. Wir sind der Meinung, dass die Verantwortlichen der Bush-Regierung wegen der Entfesslung eines Angriffskrieges vor das Tribunal von Den Haag gehören, um so mehr, da die Amerikaner mit den Nürnberger Prozessen selbst die Maßstäbe für eine Bewertung solcher Verbrechen festlegten. Übertrafen sie sich in Nürnberg noch mit rührselig-demokratischem Pathos, so waren sie spätestens in Vietnam selbst die Aggressoren, die sich dem Wesen einer faschistischen Kriegsführung fatal näherten. Doch recht hat immer, wer die Macht hat und Recht ist immer das Recht des Starken. Wir wissen das seit der Antike. Die größten Mörder haben sich schon immer darin gefallen, kleine Diebe an den Galgen zu bringen, ohne auch nur eine Sekunde an den Gedanken zu verschwenden, sich gleich daneben zu hängen. Doch soll niemand glauben, wir wären geschworene Feinde der U.S.A.! Weit gefehlt. Vielleicht hauen wir gerade deshalb so drauf, weil wir noch immer das ungeheure Potential sehen, dass diesem Lande innewohnt, das sich so regelmäßig selbst vergewaltigt. Allein der Umstand, dass ein Film wie „Fair Game“ überhaupt möglich ist, unterstreicht die eigentliche, die jede Verteidigung werte moralische Größe der U.S.A. und ihres freiheitlichen Systems hinlänglich! Gerade deshalb gilt: Auch wenn sich keine oder nur wenige juristische Konsequenzen aus den Erkenntnissen ableiten werden, die jener Streifen nun der Weltöffentlichkeit vermittelt, auf die moralische Anklagebank zwingt er die Amerikaner allemal. Und wäre eine so kritische Abrechnung mit der eigenen Regierung in einem Kino zu Bagdad denkbar gewesen, als Husseins Truppen in Kuweit standen? Eben darin liegt die wahre Stärke Amerikas begründet! Das ist das Pflänzchen, das man vor dem Verdorren behüten muss. Filme, die in der Tradition von „Missing“ stehen, machen die gute Seite der Vereinigten Staaten von Amerika aus. Trotzdem – und das ist die bedauerliche andere Seite der Medaille: Wir werden nie auch nur einen einzigen amerikanischen Truppenführer vor den Schranken Den Haags sehen, solange dem Welt-Sherriff nicht das Rückgrat gebrochen wurde, ganz egal was der GI für ein Kriegsverbrechen begangen hat. Nogeun-ri in Korea und My Lai in Vietnam sprechen Bände. Nicht nur William Calley und seine entarteten Untergebenen, sondern auch Richard Nixon und Henry Kissinger sowie General William Westmoreland hätten alleine dafür gehenkt werden müssen, wenn die Nürnberger Maßstäbe einen universellen Charakter gehabt hätten, wie es der amerikanische Chefankläger so posauenengelhaft deklamierte. Sie wurden es nicht, und es sei ferne von uns, der Todesstrafe das Wort zu reden. Was wir uns von den Yankees aber zu verlangen berechtigt fühlen, ist eine ungeschminkte Begründung für ihre Taten. Wir wollen das Geseier vom Weltfrieden und den Mächten des Bösen nicht hören, solange bei entsprechenden Militärschlägen mit zweierlei Maß gemessen wird und Interventionen nur erfolgen, wenn sie durch wirtschaftliche Interessen Amerikas gedeckt werden. Wir wollen, dass Amerika wieder glaubwürdig wird und nicht einem verlogenen Schweinehund hinterherhechelt, für den wir zu bloßen Erfüllungsgehilfen herab degradiert werden. Der Film „Fair Game“ wird dazu sicherlich einen Beitrag leisten, den wir aber nicht überbewerten wollen, solange nicht feststeht, dass er vom Weißen Haus und vom Pentagon nach Kräften unterstützt wurde. Dennoch – und das bleibt unsere Hoffnung – hilft dieser Streifen vielleicht einen Prozess anzustoßen, der in der Obama-Administration einen etwas fruchtbareren Boden vorfinden sollte: den Prozess des Umdenkens, der Neuorientierung und der Abkehr von der widerlichen und Amerika wirklich nicht zu Gesicht stehenden Fratze des nackten und kreuzgefährlichen Wirtschaftsimperialismus.

18. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
25.11.2010