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Bildung für den dicken Beutel
Hamburger Großkopferte schmettern mit Volksentscheid Bildungsreform ab

David Katz
Ein Volksentscheid ist doch das Kronjuwel einer Demokratie. Und da sich der Preußische Landbote als Apologet der Demokratie versteht, so müsste er ja nun eigentlich die Idee des Volksentscheides befürworten. Machen wir ja auch... im Prinzip... Nur beim deutschen Michel tun wir uns schwer. Der Boffke hat keine innere Mitte, wenn man mal von der seines Stammtisches absieht. Was Michel volksentscheidet, das schlägt selbst ihm selten zu Nutz und Frommen aus. Glauben Se nich? Na, dann schauen Se mal nach Hamburg! Der sehr sympathische Bürgermeister der Hansestadt, Ole von Beust, ist schon mal zurückgetreten, bevor er und übrigens mit ihm alle relevanten Parteien der Bürgerschaft von dem absehbaren Ergebnis des Volksentscheides zur Schulreform niedergewalzt wurde. Deutsche Politiker als kurzsichtige und ins eigene Ich verliebte Karrieristen zu beschimpfen, ist ja nun in letzter Zeit sehr en vogue geworden. Wir können nicht verhehlen, dazu unseren Teil beigetragen zu haben. In diesem Falle aber stimmt das ganz und gar nicht. Die Hamburger Schulreform war ein von relativer Weitsicht getragener Schritt in die richtige Richtung. Längeres gemeinsames Lernen war angedacht. Das war im Übrigen einer der Pfeiler des recht erfolgreichen DDR-Schulsystems. Keine Panik, wir sind gewiss keine Ewiggestrigen und Fans der Lila-Margot sind wir schon gleich gar nicht. Aber zehn Jahre gemeinsam lernen – im Falle unseres Ladenschwengels waren es zunächst zwei Jahre, dann wechselte er für acht Jahre auf eine polytechnische Oberschule mit erweitertem Russischunterricht und danach zu einer dreijährigen Berufsausbildung mit Abitur – das war gar nicht so übel. Wenn man den ideologischen Schwachsinn mal in den Skat drückt, dann war das Wissensangebot exzellent. Das Bildungssystem war übersichtlich für Kinder und Eltern. Nun gut – echte Eliten konnte es nicht herausbilden – das war auch gesellschaftlich nicht gewollt. Diese Gleichmacherei, die wirklich Gute zwang, mit wirklich Doofen gemeinsamen die Schulbank zu drücken, ließ zwar die Doofen seltenst doll absacken, half den Schlauen aber auch nicht, internationales Spitzenniveau zu erreichen. Da liegt der Hund begraben. Die begüterten Wessi-Eltern meinen es so unglaublich gut mit ihrer eigenen Brut und der Rest ist ihnen so unglaublich scheißegal, dass sie am liebsten neben dem obligaten Tennis, Golf und Instrumentenunterricht die Superschule von der Wiege an für ihre lieben Kleinen ordern würden. Ob sie diese Gören damit auf Dauer überfordern oder nicht, ist ihnen völlig wurscht. Das nicht sein kann, was nicht sein darf. Und wenn die seelisch kollabierten Jugendlichen dann mit der Schnauze im Dreck liegen, kann man immer noch die teuersten Psychiater engagieren und das Fiasko im Übrigen totschweigen. Zunächst aber gilt es, die Nobelbrut von den Proletengören fernzuhalten bzw. diese nicht länger miteinander einen Klassenraum teilen zu lassen als unbedingt nötig. So ist die Denke bei den Herrschaften. Und um das in Hamburg zu gewährleisten, organisierten sie in der Hafenstadt einen Volksentscheid, dessen Umsetzung sie mit Macht und Force selbst gegen die Interessenbekundungen ihrer eigenen gewählten Volksvertreter durchpeitschten. So verwundert es auch nicht, dass die Pfeffersäcke mit einer Beteiligung von über 50% am Entscheid teilnahmen. Die, deren Kindern die Reform hauptsächlich zugute kommen sollte, waren mit unter 20% beteiligt. Mitte, Bergedorf, Harburg – wo waren sie? Zu Hause, oder kicken, oder abhängen, besoffen oder bekifft, ignorant und mehr an dem Gefasel von Richterin Barbara Salesch als an der Scheiß-Schule interessiert, die von den Gören eh permanent geschwänzt wird. Volksentscheid – wat issn ditte? Und wenn jemand hinging, dann konnte seine wohngebietstypisch geminderte Intelligenz noch dazu führen, dass er, der den Sinn des Ganzen gar nicht verstanden hatte, das Kreuz beim Feind machte. Der Volksentscheid in Hamburg hat Modellcharakter. Deshalb ist das, was dort passierte wesentlich. Er bedeutet, dass, würde das Instrument „Volksentscheid“ großflächig eingeführt, sich bald eine außerparlamentarische Herrschaft relativ wenig gebildeter und politische Eigeninteressen vertretener Eliten gegen die stumpfe Masse, oder wahlweise den Stammtisch mit seinem inkompetenten, kurzsichtigen Unfug durchsetzen würde. Wir halten unsere gegenwärtige Demokratie nicht für das Non-Plus-Ultra, aber gemessen an diesen apokalytischen Drohungen an der Wand für das geringere Übel. Deutschland ist nicht die Schweiz. Und auch den Dänen, Schweden oder Isländern würden wir Volksentscheide zutrauen, die das Land nicht umgehend in den Ruin treiben. Dem deutschen Volke aber wurde ein Jahrtausend lang die Seele aus dem Leib gedroschen, bis es selbst zu einem wahnwitzigen Killer mutierte. Dieses Volk entbehrt eines wichtigen Charakterzuges, der für die verantwortungsvolle Handhabe eines solchen machtvollen Instrumentes unverzichtbar ist: der inneren Mitte.
Ein paar Pfeffersäcke von der Binnenalster und von der Elbchaussee haben ihren Willen gegen die Interessen der unterprivilegierten Mitbürger durchgesetzt. Funktioniert Demokratie, dann hätten die, welche sich selbst in solche Problematiken nicht hineinzudenken oder sich zu artikulieren verstehen, mit einem gewählten Politiker an ihrer Seite einen potenten Interessenvertreter gehabt. Darauf mussten sie nun verzichten. Das alarmiert uns und bestärkt uns in unserer Auffassung: Volksentscheide – Deutschland ist noch lange nicht so weit. Und wenn das Potential der Armen nach dem Willen der Reichen weiterhin ungenutzt liegen bleibt, damit das bourgeoise Gesindel ungestört unter sich bleiben kann, dann wird Deutschland auch noch sehr lange brauchen, bis es so weit ist.

17. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2009
27.12.2010