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Krieg im Kaukasus –
über den neuesten Konflikt der friedliebenden Völker der ehemaligen Sowjetunion

Kotofeij K. Bajun
Der russische Bär tobt mit seinen Panzern und Kampfhubschraubern wieder einmal durch den Süden seiner Heimat. Streng genommen gehören die betroffenen Gebiete gar nicht mehr ihm, aber das stört ihn auch nicht weiter. Im Angesicht der Kriegsleiden, welche die eh schon bettelarmen kaukasischen Völkerschaften durchzustehen haben, graust es einem. Das ist nicht die Rote Armee Leo Trotzkijs, die ihren Terror wenigstens noch mit der Befreiung sowjetischer Erde von reaktionären Invasionstruppen oder von weißem Terror begründen konnte. Das ist nicht die Rote Armee, die heldenmütig den grausamsten Feind in der Geschichte Russlands, die faschistische Wehrmacht nämlich, unter unendlichen Opfern aus dem Lande prügelte. Und das selbst gegen die verbrecherische Dämlichkeit des Vaters der internationalen Arbeiterklasse, Josef Wissarionowitsch Tschugaschwili, genannt Stalin. Was hier die Dörfer und Städte Georgiens platt walzt, das ist eine imperialistische Armee auf einem Raubzug. Es geht um geostrategische Erwägungen, es geht um das Öl des Kaspisees, es geht um die Bodenschätze des Kaukasus. Alles das war kein Thema, als sich das sowjetische Imperium noch fest im Würgegriff des Moskauer Kremls befand. Da bekamen die Jungen Pioniere in der DDR eine Fibel in die Hand gedrückt, in der alle Völkerschaften der Sowjetunion munter und einträchtig miteinander tanzten. Vertreten wurden sie durch hübsche junge, hoch gewachsene Frauen in der jeweiligen nationalen Tracht. Ach, diese friedliebenden Völker der Sowjetunion! Und wie schön einfallslos ihre nationalen Fahnen waren! Alle unter dem roten Banner mit Hammer und Sichel vereint in einer Art sozialistischer Corporate Identity. Natürlich war diese unsägliche Propaganda – verzeihen Sie das harsche Wort – gequirlte Scheiße! Moskau hatte die armen Teufel im Süden und Osten überrannt, die teilweise noch auf den Niveau lebten, auf dem sie von der Goldenen Horde und dem Lahmen Timur verlassen worden waren. Diese armen Schlucker lebten so jämmerlich, dass sie selbst einer zerlumpten Horde wie der Roten Armee nicht viel entgegenzusetzen hatten. Ein paar Opportunisten ließen sich dann in Moskau schulen und als Statthalter einsetzen. Sie lieferten dann die wenigen Schätze und die vielen Rohstoffe ihrer Völker brav in Moskau ab und setzten im Gegenzuge durch, dass die Kinder in den Schulen nur noch Russisch sprachen. Dann passierte das Unvermeidliche, was kein Despot dieser Welt nicht einmal nach 5.000 Jahren Zivilisationsgeschichte wahr haben will: Das auf pure Gewalt gegründete Riesenreich kollabierte und alle unterjochten Völker stoben auf und davon, soweit sie konnten. Die Balten jagten zurück nach Europa, wo sie hingehören und die Völker des Südens richteten ihre gewohnten Kalifate wieder ein. Nur eben mit dem Unterschied, dass die Kalifen mehrheitlich aus dem Abschaum bestehen, den die Kommunisten früher nach oben gespült hatten. Und die wollen jetzt die Petrodollars in ihren eigenen Zelten bunkern und nichts mehr nach Moskau abliefern. „Aber, aber“, brummt da verstimmt das Kreml-Bärchen, „so geht das nicht. Ob das Ganze Sowjetunion heißt oder nicht, ist mir scheißegal. Hauptsache der Rubel rollt und das Erdöl fließt. Und zwar alles wie gehabt. Nennt das Ganze „GUS“ oder wie auch immer. Aber liefert!“ Genau diese Attitüde aber ist bei so manchem regionalen Häuptling scheinbar noch nicht angekommen. Diese glauben sich nicht nur aus der Sowjetunion, sondern auch gleich noch aus deren Nachfolgestatten auskoppeln zu können. Die Ebene der unumschränkten Souveränität sollte erst bei ihnen greifen. Und da freuen sie sich, dass sie beim Kreml Wohlwollen ernten. Was sie dabei nicht beachten, ist, dass das Bärchen einfach mal sagt: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Aber nur solange, bis der große Feind am Boden liegt. Glauben beispielsweise die Osseten wirklich, Moskau ließe ihnen außerhalb Georgiens auch nur einen Hauch an Souveränität? Sie sehen es doch an den Jakuten und Sibirjaken: großzügig lässt Moskau wieder deren Schamanen um ein kärgliches Tundrafeuer springen. Sie müssen in ihren Nomadenzelten auch nicht mehr die Klassiker des Marxismus-Leninismus studieren. Hauptsache, die Diamanten Sibiriens landen in Petersburger Tresoren. Darum also geht es im jüngsten Kaukasuskonflikt, in dem die Russen ausgerechnet unter anderem die Heimatstadt Stalins, Gori nämlich, auseinander nehmen.
Das alles ist unendlich tragisch. Und die Arroganz der Russen kotzt uns an. Aber das ist nun mal so. Was uns aber noch mehr in Rage bringt, das ist der Wahnsinn, der im Hirn der sonst so profilierten und hochgebildeten Condoleeza Rice ausgebrochen zu sein scheint. Da stellt sich die U. S. – amerikanische Außenministerin doch tatsächlich hin und dräut unserem tollwütigen Bärchen: Dies sei nicht das Jahr 1968, schwadroniert sie dümmlich, in dem die Russen ungestraft ein anderes Land überfallen und seine Hauptstadt besetzen könnten. Na, Frau Rice, auch schon auf dem Weg ins Reich der Schatten und der geistigen Umnachtung? Scheint eine endemische Krankheit der amerikanischen Führungsriege zu sein.
Da reißt die amerikanische Außenministerin das Maul auf, während amerikanische Truppen den Iran zertrümmern und in Bagdad wilde Sau spielen? Und alles aus dem einzigen Grunde, der da heißt: Erdöl? Diese Frechheit, diese gnadenlose Unverschämtheit ist durch nichts mehr zu übertrumpfen, führwahr. Ein Verbrecher beschuldigt den anderen kriminellen Verhaltens...
Und was macht die Nato, insbesondere unser dummer Michel? Er singt das alte Lied der roten Kader: „Bau auf, bau auf, bau auf, bau auf, Freie Deutsche Jugend, bau auf! Für eine bess’re Zukunft…“ Die Russen machen Scherben, Deutschland mit 4.000.000 anerkannten Arbeitslosen kittet. Rein da mit den Millionen. Wir haben’s ja. Na ja, nee, nicht die armen Schlucker im eigenen Land, die Hartz Vierer, die gerne mal ihren Kindern auf der Straße eine Currywurst kaufen würden. Die haben’s nun gerade nicht! Aber genau denen ziehen wir das Fell über die Ohren, das sie schon langen nicht mehr haben. Hauptsache, die ganze Welt kauft uns endlich unser unbarmherziges Gutmicheltum ab. Ist ja schließlich erst siebzig Jahre her, dass der deutsche Herren-Michel die Welt an seinem Wesen genesen lassen wollte!
Warum die Vertreter der deutschen Hochpolitik das tollwütige Bärchen nicht mal beim Kragen zu fassen kriegen und ihm mal richtig die Flausen austreiben? Aber, aber! Wir bekommen doch das Gas von ihm. Und wir wollen doch mit unseren Produkten auf dem russischen Mafia-Markt bleiben! Unsere deutschen Spitzenpolitiker sitzen doch bereits in den „Aufsichtsräten“ der russischen Konzerne. Diese guten Beziehungen macht doch ernsthaft niemand wegen ein paar zerlumpter Gestalten kaputt, nur weil denen das bisschen Wellblech über dem Kopf weggeschossen wurde.
Es ist dieses wirklich schmutzige politische Tagesgeschäft, das zusieht, wie ein paar arme Teufel ausgebombt werden und ihnen dann ein als Almosen Zelte und Medikamente zukommen lässt, was letztendlich dann noch als humanitäre Hilfe angepriesen wird. Und Amerika? Nein, das ist ein wirklich zu trauriges Thema. Das schlägt ganz bitter auf den Magen. Das sollten wir uns für später aufheben. Heute nicht mehr!

12. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2008