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Grandiose Ideen aus dem Kanzleramt

S. M. Druckepennig
Man sagt der deutschen Kanzlerin eine überragende Intelligenz nach. Das mag so sein. Aber manchmal scheint es auszuhaken. Es sei denn, man unterstellt ihr, dass sie sich wider besseres Wissen den Bossen der deutschen Autoindustrie anbiedert. Diese Branche nämlich bricht momentan unter den Schlägen der Weltfinanzkrise zusammen. Die Bänder bei Mercedes, VW und BMW stehen still, weil der Ansatz stark rückläufig ist. Was Wunder! Die Deutschen halten ihre Piepen ängstlich zusammen und verballern sie nicht für die Anschaffung einer neuen Karosse, wenn das Damoklesschwert einer Rezession und Hyperinflation über ihnen droht. Nun tränt das mütterliche Herz der Kanzlerin im Angesicht des Elends der Automobilindustrie und sie möchte den panischen Managern wieder zu höheren Verkaufszahlen verhelfen. Was also regt sie an? Die Anschaffung neuer Automobile soll mit finanziellen Anreizen gefördert werden. Im gleichen Zuge sollen die Halter älterer Gefährte durch erhöhte Steuern gedrängt werden, sich von ihren altgedienten, vierrädrigen Begleiter zu trennen. Das tut auch der Umwelt gut. Hört, hört!
Wer ein altes Auto abstößt, braucht ein neues. Also kauft er eins. Der Kreis schließt sich. So einfach ist das. Nein, so einfach denkt sich die Kanzlerin das. Was sie und ihre Berater dabei allerdings aus den Augen verlieren, ist eine winzige Variable: Der arme Mann, dessen Etat vielleicht gerade ausreicht, sein Vehikel zu fahren und im fahrtüchtigen Zustand zu erhalten, kann sich wohl von diesem trennen – aber im Gegenzuge ein neues kaufen? Wie soll das gehen? Woher sollen sie’s nehmen? Wer gibt den armen Teufeln Kredit in den Zeiten, da sich die Banken nicht einmal mehr selbst über den Weg trauen? Also werden nicht nur die Bänder der großen Automobilhersteller weiterhin ruhen, es werden auch jede Menge neuer Arbeitsloser in den Schlangen der Arbeitsämter anstehen. Arbeitslose aber sind die denkbar schlechtesten Neuwagenkunden. So etwas nennt man dann, auf das Tolstoi’sche Bärchen anspielend, welches mit der Fliege auf Herrchens Nase gleich auch Herrchen mit erschlug, einen „Bärendienst“. Denn viele der um ihr Automobil Gebrachten sind auf dieses angewiesen, um zur steuerpflichtigen Arbeit zu kommen. Was folgt also? Ein Anstieg der Arbeitslosigkeit, höhere Sozialausgaben, niedrigeres Steueraufkommen. Bravo! Ganz toll! Im Berliner Osten, in Kaulsdorf, steht die Schilkin-Brennerei. Dort wird Schnaps gebrannt. Ein wenig weiter westlich, in Berlins Mitte, im Kanzleramt nämlich, fabriziert man die dazugehörigen Schnapsideen. Dolle Kooperation – alles was recht ist!


12. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2008
28.10.2008