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Dammbruch an deutschen Schulen

Don Miquele Barbagrigia
Wenn das Frühjahr naht, und mit ihm die Schneeschmelze, dann beziehen die Menschen Posten auf den Deichen längs von Elbe, Rhein, Oder, Main und Donau. Das Szenario ist vorhersehbar: enorme Wassermassen drücken gegen die Deiche. Wo sie brechen, da heißt es: Land unter! Existenzen sind in Gefahr. Ein Beben geht durch die Gesellschaft… Nun, wir haben das in den vergangenen Jahren hinlänglich erleben müssen.
Doch es ist ein anderes Phänomen, das uns hiesigen Ortes beschäftigen soll! Es ist eine andere Welle, ebenso vorhersehbar, ebenso berechenbar in ihrer gesellschaftszerstörenden Gewalt, ebenso brandgefährlich: es ist die Schlammflut der Schwerstkriminalität, die von deutschen Schulen ausgeht. Sie droht das Land zu zerreißen und unter sich zu begraben.
Die Schule, das war einst der Hort, der mit erhobenem Zeigefinger den Kindlein predigte: „Was Hänschen nicht lernt, das lernt Hans nimmermehr!“
Das wichtigste Anliegen einer jeden Schule aber war nicht die Vermittlung euklidischer Geometrie, von Grammatik und Fremdsprachen, Erdkunde und Chemie… Das wichtigste Anliegen einer jeden Schule war die Vermittlung sozialen Verhaltens, war die Vermittlung gesellschaftskonformer Normen und einer ethischen Denkweise.
Das aber kann ein Lehrinstitut nur in dem Umfange leisten, wie der gesellschaftliche Rahmen es zuläßt.
Und hier liegt der deutsche Hund begraben. Der Michel, der seit dem Dreißigjährigen Kriege nur noch wie wild um ein Zentrum der Ausgewogenheit herum perpendikuliert, findet zu keiner ernstzunehmenden Norm mehr. Wo bei anderen Völkern verbindliche Regelungen des Umgangs miteinander existieren, gähnt bei Michel ein tiefes, schwarzes Loch. An dessen Grunde verschimmelt ein saft- und kraftloses Bürgerliches Gesetzbuch, umgeben von einer enormen Anzahl von Sprechblasen.
Im Dritten Reich wollte der tollgewordene Michel alles und jeden umbringen, der nicht dem Phantom eines sogenannten nordischen Ideals entsprach, (das es im Übrigen realiter so nie gab). In der Folgezeit, Verbrecher-Michel war von tiefsten Schuldgefühlen geschüttelt, schlug die Stunde der gutmeinenden Gutmenschen, der 68er und der Anthroposophen. Das Pendel raste mit schwindelerregendem Tempo ins andere Extrem und der deutsche Kuschelpädagogik-Michel wollte nunmehr die ganze Welt glücklich machen und erlösen – ob die Welt das nun wollte oder nicht.
Nun ist es allgemein bekannt, daß das Gegenteil von „Gut“ nicht „Böse“ ist, sondern „Gutgemeint“. Und so kam, was kommen mußte. Die Hilfsfröbels und –Pestalozzis der Neuzeit, die nach den Jahren der schrankenlosen Repression nunmehr dem Individuum die schrankenlose Freiheit predigten, schossen um Lichtjahre an ihrem hehren Ziel vorbei. Die klägliche Bitte, doch bei aller persönlichen Freiheit auch die persönliche Responsibilität der Gesellschaft gegenüber nicht zu vergessen, verhallte ungehört, wie ein Wispern neben einem Vulkanausbruch.
Es funktioniert einfach nicht. Es kann nicht funktionieren. Das Gros der Menschheit ist nun mal nicht zum Menschen geboren. Jedenfalls nicht zu der Art, für die unser Dichterfürst Goethe einst postulierte: Edel sei der Mensch, hilfreich und gut! Die meisten sind raffgierige, egoistische Raubaffen, die unter Freiheit einzig und allein die Freiheit verstehen, dem Nächsten in die Taschen zu fassen. Wenn schon gesellschaftliche Normen, dann müssen es Normen nach ihrem Gustos sein, Normen, von denen sie allein begünstigt werden – alle anderen Mitmenschen und -kreaturen interessieren sie darüber hinaus einen feuchten Kehricht.
Dieses Volk mit Kuschelpädagogik und Samthandschuhen veredeln zu wollen ist schlichtweg Idiotie! Sonst gar nichts!
Allein diesen Gedanken noch vor wenigen Jahren zu äußern, war politischer Selbstmord. Die Fakten aber haben die Gutmenschen mittlerweile überrollt wie eine alles niederwalzende Panzerarmee. Eine erschreckende Anzahl von „Kiddies” hat sich zu schwerstkriminellen Monstern gemausert, die einzuschüchtern man Polizei in die Schulen entsendet. Welch ein alberner, welch ein zahnloser Possenstreich! Manche von den Gangsterkindern lachen, manche reagieren noch aggressiver. Und alle eint das Wissen um die Hilflosigkeit einer noch so präsenten Staatsmacht. Die Berliner Polizeispitze spricht es nun unverhohlen aus und auch der Brandenburgische Innenminister Herr Schönbohm stößt in dasselbe Horn: Man müsse und wolle jetzt den Intensivtätern zeigen, wo die Grenzen des Rechtstaates seien. In Berlin begreift man, daß ein folgenloser Raub für den jugendlichen Straftäter einer Einladung zu weiteren kriminellen Handlungen gleichkommt und fordert ein Herabsenken des Strafmündigenalters. Man sinniert gar über ein paar besuchsweise Tage im Jugendknast! Bravo! Bravissimo!
Wir gehen mit einer Fliegenklatsche auf Bärenjagd...
Doch der Ansatz ist richtig. Das dümmliche Gelaber, daß diese Jugendlichen die Konsequenzen ihres verbrecherischen Treibens nicht umfänglich würden abschätzen können, ist von der Realität längst ad absurdum geführt worden. Wiedergekäut wird es nur noch von ebenso dümmlichen wie auch überflüssigen Psychologen, Soziologen und Politikern, denen das 68er Fossil aus den Augen schaut.
Nach wenigen Tagen wurden die Polizisten von der Rütli-Schule wieder abgezogen. Wahrscheinlich, weil man das Ridiküle der Situation vage erfaßte. Und weil sich sofort andere Schulen mit gleichgelagerten Problemen zu Wort meldeten und ebensolchen Schutz verlangten, welcher das Budget des Berliner Innensenats gesprengt hätte.
Das ist also auch nicht die Lösung. Wenn Sie aber fragen, was dann eine Lösung wäre, tja, dann lassen Sie uns doch dieses eine Mal nach Amerika schauen. Boot-Camps! Schleift das kriminelle und asoziale Gesindel windelweich! Treibt ihnen den Inneren Schweinehund auf der Sturmbahn und im Steinbruch aus. Wenn sie nach einem sechzehnstündigen Drill nicht mal mehr den kleinen Zeh zu bewegen in der Lage sind, dann konfrontiert sie doch mit einem um vier Jahre Jüngeren, dem sie sonst schon mal launig das „Handy abzogen“. Dann sollen sie doch! Und man lasse Sie nicht eher wieder in die Freiheit, bis sie den von ihnen angerichteten Schaden auf Heller und Pfennig beglichen haben! Mit Zins und Zinseszins.
Und macht ihnen klar, daß sie, wenn sie jemals wieder negativ in Erscheinung treten, das doppelte der gehabten Strafe zu gegenwärtigen haben. Macht ihnen klar, daß diesmal sie der letzte Dreck sind, rechtlos und ausgeliefert, damit sie ein Auge dafür bekommen, was sie ihren Opfern antun. Wenn sie’s dann immer noch nicht kapiert haben, dann haben sie in einer zivilisierten Gesellschaft nichts mehr verloren. Ab in die Wüste Nevada, wo sie sich gegenseitig ausrotten mögen – der Zivilisation, zu der sie nicht gehören wollten, soll es dann egal sein! Setzt doch endlich Akzente!
Stammtischparolen? Dem entgegnen wir – die pseudointellektuellen Dauerpsalmodisten haben außer ihren profilierungssüchtigen und der Gemeinschaft sauteuren Pamphleten nichts, aber auch nicht das Mindeste zuwege gebracht.
Wird dieser relativ blande Weg – ja, das ist kein Hohn – versäumt, dann gnade uns Gott! Dann erwartet uns eine Zukunft wie in Brasilien und Südafrika – mit festungsartig gesicherten Wohnvierteln der Begüterten und Todesschwadronen, die des Nachts obdachlose Kinder über den Haufen ballern und im Meer versenken, weil diese sonst tagsüber mit dem 45’er auf Touristenjagd gehen würden und den normalen Bürger beraubten. Utopisch? Warten wir’s ab! Ehe das Jahrzehnt zu Ende ist, wollen wir diesen Aufsatz resümieren.
In Bayern, dem Hort des Konservativismus jedoch, scheint der Politik langsam ein Seifensieder aufzugehen. Wer sich in der Guten Staube des Gastgebers nicht benehmen kann oder will, der muß halt auf die Goss’n! Jo mei. So is dös halt. Es ist nur verwunderlich, daß man zur Erlangung dieser Allerweltsweisheit fünf Jahrzehnte brauchte. Hoffentlich nimmt die Umsetzung einen kürzeren Zeitraum in Anspruch.

8. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2006