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Herr Clement und der Sparerfreibetrag

B. St. Fjøllfross
Der „Superminister“ hat gesprochen! Der Sparerfreibetrag soll gestrichen werden.
Großer Gott! Wie sehr am Ende muß dieses Land schon sein, daß Herr Clement nun schon den Kleinsparern ans Fell will! Es reicht nicht, daß die Bundesregierung vor kurzem die Sparerfreibeträge erbärmlich hat zusammenschrumpfen lassen. Nun sollen sie nach den Vorstellungen des Wirtschaftsministers ganz verschwinden.
Was denkt der Mann sich dabei?
Ganz einfach. Die anhaltende Krise, bei der kein Licht am Ende des Tunnels abzusehen ist, lädt nicht gerade zum Geldausgeben ein. Wer will schon eine läßliche Anschaffung machen, wenn er nicht weiß, ob er im nächsten Monat noch in Lohn und Brot ist? Die Leute halten ihre Spargroschen zusammen. Sollen sie ja schließlich auch! Wurde ihnen doch so „von oben“ verordnet. Die Rentensysteme gehen in die Knie und über den Jordan. Eine der neueren unerträglichen deutschen Wortschöpfungen heißt „Riesterrente“. „Privat vorsorgen!“ lautet die immer wieder beschworene Devise. Und wohin führt das? Herr Clement? Gibt es denn kein Milchmädchen mehr in Groß-Berlin, das Ihnen die Folgen vorrechnen könnte?
Dann sag ich es Ihnen: Es führt zu Konsumverzicht. Zu ganz entschiedenem Konsumverzicht. Und alle, alle Zweige der Wirtschaft gehen so peu a peu unter diesem Konsumverzicht krachen. (natürlich bis auf die Rüstungsindustrie… der geht’s gut, solange sich die Menschen den Luxus menschlicher Dummheit leisten.)
Ach ja, ich vergaß! Genau diesen Konsumverzicht wollen Sie ja kühn und mutig anreiten, indem sie denen, die kaum was besitzen, das Sparen sauer machen. Der Rubel soll nicht auf irgendeinem Konto Schimmel ansetzen, er soll rollen. Das wollen Sie, nicht wahr.
Und so ganz nebenbei wollen Sie für Ihren Ministerkollegen Herrn Eichel ein bißchen mehr als zwei Milliarden Euro loseisen von den kleinen Leuten, quasi unter dem Plüschsofa ausgraben. Hui! Sieh mal einer an! Zwei Milliarden! Was für eine Summe!
Und was man damit alles machen kann! Man kann sie zum Beispiel ihren Vorstellungen folgend in den Bildungshaushalt investieren. Löblich. Wollen Sie etwa die „Doofen“ abfinden, die Kasper der Nation und die Produzenten von Kinderverblödenden Fernsehcomics? Wollen Sie die Playstations und Computerspiele aufkaufen, damit die Kinder sich wieder hinter die Bücher klemmen, die ihnen wirkliche Bildung vermitteln könnten? Oder wollen Sie gar den Lehrern Rohrstöcke anschaffen?
Vernünftig wäre es allerdings, das Image der Bildung in diesem Lande wieder aufzubessern. War Bildung doch über Jahrhunderte der einzig nennenswerte Rohstoff, über den die Deutschen verfügten. Der ihnen zu Wohlstand und Ansehen verhalf.
Der Sparerfreibetrag dieser Kapitaldecke allerdings ist schon lange abgeschafft, die geistigen Ersparnisse restlos aufgefressen.
Insofern ist Ihre Schlußfolgerung, daß die verfallende Ökonomie der Bundesrepublik etwas mit einem Bildungsdefizit zu tun hat, gar nicht mal so weit hergeholt.
Nur, Sie glauben doch nicht etwa allen Ernstes an die zwei Milliarden? Aufwachen, Herr Clement! Was meinen Sie wohl, wie fix die Kleinsparer ihre paar Kröten vor Ihrem Zugriff anderweitig in Sicherheit gebracht haben. Das Volk ist da im Allgemeinen sehr findig.
Das sind doch alles Totgeburten! Nur dazu angetan, der regierenden Partei (Ihrer nämlich und Ihrem Koalitionspartner) bei den nächsten Wahlen endgültig das Grab zu schaufeln. Die Damen und Herren im Konrad-Adenauer-Haus werden wohl langsam überlegen, ob sie Sie nicht noch auf ihren Gehaltslisten unterbringen können. Denn mit solchen Schnapsideen profilieren Sie sich bestenfalls als Spitzenwahlkämpfer für die Rechte.
Das Volk aber, das von Tag zu Tag ärmer wird in diesem Lande, um dessen Stimme es Ihnen aber alle vier Jahre plötzlich wieder zu tun ist, das hauen Sie mit der Keule vor den Kopf. Das kann nur mit ansehen, wie seine „Leistungsträger“ und Brötchengeber ins billige Ausland flüchten, Verzeihung! – abwandern. Die armen Teufel die zurückbleiben, dürfen hingegen das „Arbeitslosengeld II“, reden wir deutsch: den Sozialhilfesatz gewärtigen, während sich zusehends alles in diesem Lande der Bezahlbarkeit entzieht. Und denen sollen die letzten paar Vergünstigungen gestrichen werden?
Frei nach der Devise: nimm’s der Masse – da kommt was zusammen! Und geh mir ja nicht an die, die haben! Denn die können ja schließlich unentwegt damit drohen, sich ein Billet zu kaufen, mit dem sie sich dann dauerhaft außer Landes begeben. Samt Penunse und Produktionsmitteln. Begleitet von den Vorwürfen des Kanzlers, die ihnen das Stigma der Vaterlandsverräterei auf die Unternehmerstirn drücken. Ach Gott, ach Gott!
Sollen Sie doch!
Das ewige Gejammer um den schwindenden Standortvorteil hat doch nur ein Ziel: Es soll das deutsche Proletariat kirre machen und empfänglich für die den Abwärtstrend. Wie Schafe auf der Hürde sollen sie sich geduldig scheren und melken lassen. Die Industrie- und Finanzmagnaten verrohen und die kleinen Leute sollen die Zeche bezahlen. Das uralte Lied! Aber zu diesem Lied gibt es noch ein Refrain, meine Herren! Und wer den nicht hören will, der sollte es nicht übertreiben. Und schon gar nicht bei der Masse der Bevölkerung. Denn Geschichte kann gar nicht anders als sich stetig zu wiederholen. Demzufolge ist der kluge Mann (das schließt Leute in feinem Zwirn und Nadelstreifen nicht unbedingt aus!) gut beraten, aus den Lehren der Geschichte für die Zukunft zu profitieren. Das wäre dann mal ein Profit, der allen zugute käme.

3. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2004