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Arbeitslosigkeit


B. St. Fjøllfross
Ein junger Mann Anfang Zwanzig sucht verzweifelt Arbeit. Seit er im erwerbsfähigen Alter ist, hat er noch keine gefunden. Was Wunder! Bei weit über vier Millionen Arbeitslosen im Lande Deutschland…
In seiner Kleinstadt ist ein Betrieb ansässig. Auch dort sind keine Stellen vakant. Oder doch? Jedenfalls wird ihm ein Arbeitsvertrag in Aussicht gestellt. Vom Personalbüro? Schön wär’s! Nein, ein windiger Vermittler sagt ihm den Platz zu – gegen eine kleine Provision versteht sich. Was sind schon € 5000,- für ein gesichertes und geregeltes Einkommen? Na gut, die ersten Jahre wird man wohl den Kredit abzahlen müssen, den man sich zusammengepumpt hat. Oder was dachten Sie, woher ein junger Mensch, der in seinem Leben noch keine nennenswerten Beträge verdienen konnte, die für ihn enorme Summe von fünftausend Euro herhaben könnte?
Dann aber stellt sich heraus, daß der potentielle Arbeitgeber gar nichts von freien Stellen weiß und somit der junge Mann einem windigen Betrüger aufgesessen ist. Einem Strolch von der Sorte, die sich die Not anderer Menschen ungeniert zunutze machen.
Anstatt nun sein eigenes Geld zu verdienen, sitzt der Mann, der am Anfang seines eigenen Erwerbslebens stehen sollte, jetzt auch noch mit einem Haufen Schulden am Hals tiefer in der Tinte als vorher.
Und wir fragen uns, was läuft schief in einem Lande, in dem Menschen bereit sind, horrende Summen dafür zu bezahlen, daß sie arbeiten dürfen, daß sie ihren Unterhalt verdienen dürfen, daß sie nicht gezwungen sind, auf Kosten ihrer Mitmenschen leben zu müssen.
Seit Altbundeskanzler Birne (wir erinnern uns: es ist das Vorrecht exorbitanter und zu einem leicht diktatorischen Führungsstil neigenden Staatsmänner, kernige Pseudonyme zu tragen, wie Lenin, Stalin, Molotow, Caudillo, Maximo Leader, Che, Duce, Reichsluftmarschall Meier, Rote Sonne… (Den Einen, den ganz speziellen wollen wir mal außen vor lassen, der gehört da nun wirklich nicht rein.), seit also Kanzler Birne versprach, die Arbeitslosigkeit binnen kurzem zu halbieren, begann sie sich statt dessen unaufhaltsam zu verdoppeln. Da nutzten die besten Kontakte zur Wirtschaft nichts. Wenn er meinte, die Großkopferten, die sonst so spendabel Unsummen in seine Parteikasse spülten, wären bei der Schaffung von Arbeitsplätzen ähnlich großzügig, so hatte er gewisse Prinzipien der Geldverteilung gründlich mißverstanden. Die Spenden flossen ja gerade deswegen, damit eine dem florierenden Arbeitsmarkt abträgliche Politik durchgesetzt werden könne.
Und heute? Der Sozialdemokrat a.D. Schröder, der zur Zeit den Kanzlersessel inne hat, trat ja mit ähnlichen Versprechen an. Das Blöde ist, daß er den für ihn persönlich denkbar ungünstigsten Zeitpunkt zur Machtübernahme wählte. Denn, war Dr.Birne dank eines Winkes des Schicksals, dessen Rocksaum er glücklich zu ergreifen verstand, noch Kanzler der Einheit, so wird wohl die Amtszeit seines Successors in die Geschichtsbücher eingehen, als die des Kanzlers des gesamtstaatlichen Offenbarungseides.
Nun kann ja die Bundesrepublik Deutschland per Verfassung nicht Pleite gehen. Wie schön! Aber ihre Bürger können es! Und sie tun es. Massenhaft. Bedingt durch das unselige und konsequente über-die-Verhältnisse-leben seit nahezu drei Jahrzehnten. Man wollte das Kriegstrauma überwinden, national wie international: Alle von den Nazis geschundenen Völker sollten wieder gut Freund mit Deutschland werden – mit der allseits beliebten D-Mark sollte die internationale Zuneigung erkauft werden. Im Innern leistete man sich nicht minder protzigen Luxus – es galt unter anderem dem Reich des Bösen hinter dem Eisernen Vorhang zu zeigen, wie vorteilhaft sich freiheitlich demokratische Grundordnungen auf das Leben des Einzelnen auswirken. Und überhaupt: ehe der Fette mager ist, ist der Dünne verhungert. Der Dünne ist nun verhungert und die vormals Fetten sind so richtig mager geworden.
Enorme Ressourcen und gesellschaftliches Vermögen sind verpulvert worden. Und nu?
Weitsichtige Politiker und Wirtschaftsfachleute erhoben damals, als es noch Zeit zur sachten Umkehr war, nur vereinzelt und wenn, dann in fast selbstmörderischer Art und Weise ihre warnende Stimme. Reformen bedeuteten schon immer zunächst einmal Verzicht. Und wer wird schon gewählt für ein Programm, daß den Leuten Verzicht und Aufgabe liebgewordener Gewohnheitsrechte abfordert? So hielten sie wohlweislich das Maul, solange sie ihre Posten noch innehatten und begannen erst später, in ihren obligaten Memoiren meistens, zu erwähnen, daß sie das alles längst haben kommen sehen – es hätte aber niemand auf sie gehört! Kunststück!
Nun sind die Kassen also leer und der Kanzler des Offenbarungseides versucht nun Arbeitsplätze zu schaffen, indem er den Leuten das berüchtigte Letzte Hemd über die Ohren zieht. Nieder mit den Schmarotzern, heißt die Parole.
Sehr löblich, und Arbeit genug für alle wäre auch vorhanden. Nur – bezahlen will sie niemand!
Oder:…kann sie niemand?!
Auch die „Arbeitgeber“ (wie sein Pendant „Arbeitnehmer“ ein scheußlicher Ausdruck! Im übrigen in der Sache falsch, weil: wer gibt und wer nimmt denn Arbeit de facto? Ein Arbeiter gibt seine Arbeitskraft und der Ausbeuter bedient sich ihrer!) halten die Kröten beisammen, um beispielsweise noch das nötige Kleingeld für die Verlagerung der Produktion ins billigere Ausland vorhalten zu können.
Nun könnte man ja gedanklich auf das schmale Brett kommen, die Bundesrepublik selbst müsse den Worten ihres obersten Dienstherrn zuvörderst Folge leisten. Was und wen beschäftigt dieses Gemeinwesen (welch herrlicher Sarkasmus liegt dieser Wortschöpfung zugrunde! Eine Steigerung drängt sich seit Hartz IV geradezu auf: Hundsgemeinwesen!) nicht alles! Da sind die Bundeswehr und die Agentur für Arbeit, da sind die Justizdienststellen und die ehemaligen Staatsbetriebe, an denen die Bundesrepublik noch immer mehrheitlich beteiligt ist, da sind die vielen Ämter und Verwaltungen. Zugegeben, so richtig wertschöpfend kann man die alle nicht nennen. Aber was soll’s? Hier kann doch der KdO (Kanzler des Offenbarungseides) zeigen, wie ernst er es meint, wenn er mit seinem Hartz IV- Kesseltreiben die arbeitsscheuen Elemente aufscheuchen will aus ihrem parasitären Dasein.
Soll er sie einstellen! Reformer voran! Aber was antworten die staatlichen Stellen unisono auf Beschäftigungsanfragen von Arbeitslosen? Einstellungsstop! Und wenn, dann interne Stellenausschreibungen. So sieht das nämlich aus mit den goldenen Zeiten, denen uns das Reformpaket es KdO und seiner Mannen näher bringen soll.
Damit hätten wir eine beinahe spinozistische Beweisführung zu ihrem Abschluß gebracht: Hartz IV dient der Entlastung der leeren öffentlichen Kassen – und nicht der Entlastung des Arbeitsmarktes! Quod erat demonstrandum!
Reichlich kurzsichtig das Ganze. Verhält sich doch der Füllstand der Kassen proportional zum Gesamtsteueraufkommen. Dieses aber nimmt in schönster Eintracht mit der Binnennachfrage und dem Arbeitsplatzangebot zu oder ab. Momentan und für die nächste Zukunft: ab! Da helfen auch keine Kuli-Jobs für € 1 pro Stunde. Was für Steuern sollen denn von diesen Beträgen abgeführt, welche Einkäufe von ihnen getätigt werden? Hä?
So also wird der eingangs erwähnte, durchaus arbeitswillige junge Mann noch lange warten müssen, bis er eine Gelegenheit erhält, seine Schulden abzutragen.
Wir raten ihm davon ab, diesen Versuch zu wiederholen. Schon gleich gar nicht bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz des Öffentlichen Dienstes. Das nämlich wäre dann eine Bestechung. Und die wird noch mal so richtig teuer.

3. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2004