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QVID QVID AGIS…

- ein Zwischenruf

S. M. Druckepennig
Die römische Besetzung Galiläas und Palästinas war hart, dauerte lange und wirkte für meine Leute sehr, sehr nachhaltig. Unsere schrecklichste Diaspora begann mit dem Fall Massadas. Wir haben wenig Grund, den Römern zu danken.
Desungeachtet darf man sich den gewaltigen Kulturleistungen dieses Volkes nicht verschließen. Eine davon ist ihre brillante Sprache, von der der Professor Klemperer (meines Volkes), der Verfasser der --> LTI, sagte, sie wäre die Sprache gewordene Logik. Präzise und von Wohlklang.
So nimmt es nicht wunder, daß dem Landboten ein Satz präsidiert, der in dieser Form schon in den „gesta romanorum“ so zitiert wird:


QVID QVID AGIS PRUDENTER AGAS ET RESPICE FINEM


Ins Deutsche übertragen lautet er: Was immer du tust, tue es mit Bedacht und bedenke das Ende! Obwohl dem Abendland entstammend, scheinen viele Menschen rund um den Globus zu ähnlichen Schlüssen gekommen zu sein. Buddha beispielsweise lehrt ebenfalls, daß wir alles, selbst unsere einfachsten Tätigkeiten wie das autonome Atmen, oder das Denken, das Essen und Trinken mit begleitendem, ja steuerndem Bewußtsein verrichten sollen.
Im Prinzip begegnet uns hier die Grundanforderung an jeden guten Schachspieler. Und dieses Spiel hat ja unter anderem deshalb eine so überragende Bedeutung gewonnen, weil es das wahre Leben und dessen Anforderungen en miniature kolportiert.
Nun heißt das beileibe nicht, daß man sich vor jedem einfachen Handschlag schier zu Tode grübeln soll, ehe man ihn denn ausführt. Manche Dinge verlangen eine schnelle Entscheidung. Keine Frage. Das QVID QVID AGIS… aber ist die Antithese zu jeder geistigen und physischen Rasenlatscherei, zur Gedankenlosigkeit und Oberflächlichkeit, die die Ursache so vieler Übel ist und so vielen sinnlosen Leides.
Gehe den Dingen auf den Grund! Hinterfrage sie vorbehaltlos und erforsche die ihnen innewohnende Dynamik. Du hast dann zwar noch immer keine Sicherheit, sie bis ins Letzte verstanden zu haben, aber du bist ihnen nicht mehr so hilflos ausgeliefert wie das Vieh auf der Weide. Denn das ist ja die Tragik des Menschengeschlechtes: So, wie die Neurophysiologen lange Zeit behaupteten, der einzelne Mensch nutze maximal drei Prozent seines Denkvermögens (wo immer diese Zahl herkommen mag…), so stelle ich dem gegenüber: Maximal drei Prozent der Menschheit nutzen ihren gottgegebenen Grips.
Mißverstehen Sie mich nicht! Sie nutzen ihn schon bis zur Belastbarkeitsgrenze. Nämlich dort, wo es um ihren Vorteil geht und darum, den Nachbarn übers Ohr zu hauen. Der Schutzpatron unserer kleinen Gazette – der Heilige Kurt (Tucholsky) – prägte diesbezüglich die Sentenz: Das Volk ist doof, aber gerissen!
Daher habe ich nur wieder das Gefühl, in den Spuren eines andern Granden der Menschheit zu wandern: des Don Quichotte de la Mancha, dessen berühmteste Tat sein legendärer Ritt mit eingelegter Lanze gegen die Windmühlenflügel war. Somit halte ich den Artikel kurz und ende ihn mit dem anderen Wahlspruch des „Landboten“, den wir von seiner Eminenz --> Kardinal Jules Mazarin entlehnt haben:

QVAM FRVSTRA ET MVRMVRE QVANTO

(Wie vergeblich, und mit wieviel Getöse!)

2. Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2004