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Verantwortung

B. St. Fjøllfross
Ein erstaunliches Phänomen, über dessen Verbreitung oder etwaigen Wahrheitsgehalt ich nichts weiter zu sagen vermag, ist die Delegation von Verantwortung innerhalb von Beziehungen. Immer wieder habe ich beobachtet, daß Menschen, die vormals als eigenständig oder gar eigenwillig galten, die Verantwortung für ihr Leben und die Gestaltung desselben plötzlich anderen überließen, sofern sie diese Menschen innerhalb einer wie auch immer gearteten Beziehung als Leittiere ansahen. Im selben Augenblick mangelt es ihnen an Eigeninitiative, an geistiger wie physischer Beweglichkeit. Sie scheinen in eine Starre zu verfallen wie ein Bär im Winterschlaf. Es geht bis dahin, daß sie sich teilweise nicht einmal mehr getrauen, den eigenen Wünschen Ausdruck zu verleihen. Alles wird nur noch auf den Rudelführer projiziert, ja nachgerade von ihm abhängig gemacht. Damit verbunden ist untrennbar, daß ihm auch mißliche Situationen angelastet werden – er stehe mit ihnen in Verbindung oder nicht. Somit wird der a-Wolf unabhängig von dessen Willen auf ein Podest gehoben. Er wird zu einem Götzen stilisiert, zu dem man aufschaut, oder den man mit faulen Eiern bewirft.
Menschen, die sich solcherart aufgeben, verzichten ganz auf eine eigene Persönlichkeit. Sie leben einen Gegensatz zu den faustischen Worten: „ Ja, diesem Sinne bin ich ganz ergeben, das ist der Weisheit letzter Schluß: Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, der täglich sie erobern muß!“ Sie stellen sich dwars zum Leben und wundern sich über die vielen Schwierigkeiten, mit denen sie tagtäglich ihrer Passivität zum Trotz zu ringen haben.
Ein Mensch bleibt ein Mensch – da beißt auch bei einer Partnerschaft die Maus keinen Faden ab. Und jeder muß bereit und willens sein, Verantwortung für die gemeinsame Sache zu übernehmen und auszuüben. Hierarchische Strukturen haben einer trauten Zweisamkeit selten gut getan. Darum macht der, der aus eigener Bequemlichkeit solche Strukturen aufbaut, sich nicht minder schuldig wie der, der sich nicht gegen die Erhebung auf ein Postament mit Klauen und Zähnen wehrt. Leben heißt Verantwortung übernehmen und Verantwortung leben. Konsequent und berechenbar, zuverlässig und dauerhaft.

1.Volumen
© B.St.Ff.Esq., Pr.B.&Co,2003